Weniger fallende Autopreise als vielmehr ein verstärktes Händlersterben erwarten Experten, sollte die Kommission ihre Vorstellungen umsetzen können. Der derzeitige Gebietsschutz wird voraussichtlich ab September 2002 zwar nicht gestrichen, aber aufgeweicht werden.

"Die bisherigen rechtlichen Rahmenbedingungen haben einigen kleineren und mittleren Händlern das Überleben gesichert", sagt etwa Norbert Gugerbauer, Kartellrechtsexperte und als Rechtsanwalt oft für Autohändler in Streits mit Werken und Importeuren tätig. Die Liberalisierung des Gebietsschutzes und eine Forcierung von Mehrmarkenbetrieben würden verstärkte Investitionen bedingen. Also haben Autohandelskonzerne Vorteile - in Österreich beispielsweise Porsche-Austria, Tarbuk, Frey oder Denzel.

Kleinere Händler werden weiter unter Druck gesetzt, fürchten Autohandelsvertreter. Die Szenarien: Zehn bis dreißig Prozent der Händler überleben die kommenden fünf Jahre nicht. Man kämpft jetzt schon im Neuwagengeschäft mit minimalen bis negativen Deckungsbeiträgen - die gewährten Rabatte sind mit bis zu 20 Prozent bei einigen Marken derzeit so hoch wie noch nie zuvor. Die Gründe: Überkapazitäten in den Autowerken, Probleme bei Image und Qualität und - trotz Gebietsschutz - harter Preiswettbewerb unter Händlern der gleichen Marke.

Zurzeit sind Automobile als einziges Handelsgut mit einer speziellen Ausnahme vom EU-Wettbewerbsrecht ausgestattet, der "Gruppenfreistellungsverordnung" (GVO). Der Grund: Verkehrssichere Autos seien nur mit einem Vertriebs-und Werkstättennetz in einer verlässlichen Qualität zu garantieren.

Schindluder getrieben

Doch in den Augen der Wettbewerbskommissare Mario Monti und seinem Vorgänger Karel Van Miert trieben die Hersteller Schindluder mit der GVO. So wurde Händlern inoffiziell aber mit Nachdruck untersagt, an Kunden zu verkaufen, die aus einem Land stammen, wo höhere Nettopreise für das gleiche Fabrikat verlangt werden. VW und DaimlerChrysler fassten deswegen saftige Strafen aus.

Manche Experten erwarten einen Ausgleich der unterschiedlichen Autopreise in der EU. Dem widerspricht man noch in der Branche: "Die Nettopreise haben einen Zusammenhang mit der jeweiligen Verbrauchssteuer in einem Land", die Bruttopreise müssten marktgerecht sein, sagt Hermann Becker, Sprecher von Porsche Austria, einem der größten Autohandelskonzerne Europas. Einheitliche Preise bedingten eine einheitliche Besteuerung.
Manchen Importeuren dürfte ein Händlersterben nicht ungelegen kommen, da sie sich derzeit bemühen, die Händlerzahl zu verkleinern und die Gebiete zu vergrößern - sei es durch Händlerfusionen oder durch Kündigungen von Verträgen. Für Autokäufer könnte dies bedeuten: Bald sind die Zeiten der hohen Rabatte vorbei, da es weniger Händler gibt, die miteinander konkurrieren.


Konzentration überall

Die Hersteller binden indessen die Importgesellschaften verstärkt an sich. Nissan und Jaguar entzogen beispielsweise dem Tarbuk-Konzern im Vorjahr den Import. Tarbuk baute im Gegenzug den Einzelhandel aus und verkauft 14 Automarken in Österreich, Kroatien und Deutschland. Nissan wird wohl mittelfristig in der Importgesellschaft von Renault aufgehen, so wie Jaguar, wahrscheinlich auch Volvo und Mazda, bei Ford.(Leo Szemeliker, Der Standard, Printausgabe, 14.01.2002)