Wien - Noch vor einem halben Jahr waren die pakistanisch-amerikanischen Beziehungen ein Thema, das allenfalls das Interesse einiger Experten beanspruchen durfte. Seit dem 11. September 2001 und den neuen Spannungen zwischen Pakistan und Indien, in die allenfalls die USA schlichtend einzugreifen imstande sind, ist dies anders geworden.

Der führende Experte auf diesem Gebiet ist der US-Asienexperte Dennis Kux, der vier Jahre als Diplomat in Pakistan verbracht und die Geschichte der bilateralen Beziehungen aufgearbeitet hat. Auf seinem Buch "Disenchanted Allies - The United States and Pakistan 1947-2000" (Johns Hopkins University Press, Baltimore 2001) beruht diese Darstellung der in markanten Hochs und Tiefs verlaufenen amerikanisch-pakistanischen Beziehungen von Truman bis Bill Clinton.

Unmittelbar nach der Abspaltung Pakistans von Indien im Jahr 1947 war es den Pakistanis gelungen, sich in der Beziehung zu den USA besser zu positionieren als das verfeindete Bruderland. Obwohl die Amerikaner im Sinne eines Kräftegleichgewichts versuchten, kein Land zu bevorzugen, hatten sowohl Präsident Harry Truman (1945 bis 1953) als auch sein Außenminister Dean Acheson eine bessere Beziehung zu den pakistanischen Machthabern, die Staatsgründer Mohammed Ali Jinnah folgten: Liaquat Ali Khan, Ghulam Mohammed und Zafrullah Khan.

Schlechtes Renommee Nehru

Die Inder, die unter Premier Nehru eine dezidiert neutrale Politik verfochten, litten unter dem schlechten Renommee Nehrus in den USA, der als unkooperativ und unsicherer Kantonist galt. Die Blockfreienbewegung, an deren Spitze sich Indien gesetzt hatte, wurde von Washington misstrauisch als mögliche fünfte Kolonne der Sowjetunion beäugt. Nehrus wichtigster außenpolitischer Berater Krishna Menon stand in Washington im Verdacht prokommunistischer Sympathien. Die Aversion gegen Nehru, der nach Ansicht der Amerikaner eine Lösung des Kaschmir-Konfliktes am effizientesten behinderte, bestimmte die US-Politik gegenüber Indien bis in die Eisenhower-Ära hinein. Richard Nixon, damals Vizepräsident, kam 1953 von einer Reise in die Region zurück und sprach von Nehru als "dem unfreundlichsten politischen Führer", dem er im ganzen asiatischen Raum begegnet sei.

Dennoch spielte bis zum Anfang der 50er-Jahre der Gegensatz zwischen kommunistischer und kapitalistischer Welt in der US-Beziehung zu Pakistan nicht die entscheidende Rolle. Unter der Präsidentschaft Dwight Eisenhower (1953-1961) änderte sich das. Pakistan wurde für die Amerikaner vor allem als Gegengewicht zu Afghanistan wichtig. Die Furcht, dass Kabul in die Arme der Sowjets geraten könnte, war ein bestimmendes Motiv der US-Freundschaft zu Islamabad.

Pakistan betrieb damals zwar eine antikommunistische Politik, doch aus seiner Perspektive war die Erbfeindschaft gegen Indien die wichtigere Antriebskraft, die Allianz mit den Amerikanern zu suchen. Die nur scheinbare politische Übereinstimmung zwischen antikommunistischen US-Interessen und antiindischen Ressentiments der Pakistanis führte in der Folge zu einer Kaskade von Missverständnissen, die die bilateralen Beziehungen unter Kennedy, Johnson und Nixon gravierenden Prüfungen aussetzte. (DER STANDARD, Printausgabe, 12.1.2002)