Wien – "Wir hatten in einer Woche mehr spektakuläre Mordfälle als im ganzen vergangenen Jahr", sagte Ernst Geiger, der stellvertretende Chef des Wiener Sicherheitsbüros, am Freitag. Das ist wohl wahr. Nach dem Mord an zwei Chinesinnen in Favoriten und der "Hinrichtung" eines Kroaten im Café Puccini am Alsergrund ermitteln die Kriminalisten nun in einem neuen Mordfall: Freitag, kurz vor sechs Uhr, wurde die Leiche von Brigitte F. im Café Luigi in der Wiedner Hauptstraße aufgefunden. Die Besitzerin des Lokals war erstochen worden.

Der unbekannte Täter versuchte zudem, sein Opfer zu verbrennen; der Leichnam war teilweise verkohlt. Das Lokal stand unter Wasser, der Täter dürfte die Wasserhähne aufgedreht haben, als die Leiche Feuer gefangen hatte. Vom Café führte eine Blutspur in ein benachbartes Haus. "Dort endete sie aber", sagte Geiger.

Über den Täter und dessen Motiv war vorerst nichts bekannt. Die Polizei konzentrierte sich darauf, Zeugen zu finden. Insbesondere wurde nach jenem Mann gesucht, der in der Früh von einer Telefonzelle aus anonym die Rettung zum Café Luigi gerufen hatte.

Fortschritte machten die Ermittler indes beim Chinesinnenmord: Die Identität jenes Mannes, der im dringenden Verdacht steht, Bin Bin S. (24) und Fang X. (38) umgebracht zu haben, ist geklärt: Jianping Wang (30) bewohnte jenes Zimmer, in dem die Leichen in einer Bettlade entdeckt wurden, und ist seit dem Tag der Tat verschwunden.

Der Mann soll im Spielermilieu verkehrt, Schulden angehäuft und regelmäßig Bekannte um Geld angeschnorrt haben. Laut Zeugen war auch das spätere Mordopfer Fang X. darunter. Die Polizei nimmt an, dass der Gesuchte noch in Österreich ist. (chr´, Der Standard, Printausgabe 12.01.02)