Deutschland
Gysi bekennt sich zur sozialen Marktwirtschaft
Designierter Berliner Wirtschaftssenator hat "aus der Geschichte gelernt"
Wien - Der von seiner Partei PDS designierte
Berliner Wirtschaftssenator Gregor Gysi bekannte sich am Donnerstag
in einem Interview mit Reuters-TV klar zur sozialen Marktwirtschaft:
"In der Wirtschaft ist der Markt eine zivilisatorische
Errungenschaft." Er wandte sich jedoch gegen eine
"Marktgesellschaft", in der Marktmechanismen auf Bereiche wie
Bildung, Wohnen oder die Kultur übertragen würden. Zur Kritik aus CDU-Reihen oder von Unternehmerverbänden, die PDS
wolle die unternehmerische Freiheit beschränken, meinte Gysi:
"Demokratisch-sozialistische Vorstellungen verbinden sich sehr wohl
mit einer aktiven Wirtschaftstätigkeit". Die PDS habe aus der
Geschichte gelernt. Den Vorwurf, die PDS und er selbst als
Wirtschaftssenator in Berlin würden künftig Investoren verschrecken,
wies Gysi zurück. Weder Siemens noch Investoren und Unternehmen aus
den USA würden sich davon abhalten lassen, in China zu investieren,
wo eine kommunistische Partei allein regiere.
Beim Aufbau der Wirtschaft in der Hauptstadt gehe es "nicht um die
Frage, was für eine gesellschaftspolitische Entwicklung wir uns in
diesem Jahrhundert für Deutschland oder Europa vorstellen können. Es
gebe in Berlin klare Rahmenbedingungen, an die man sich zu halten
habe", sagte Gysi.
Gysi unterstrich weiters die Auseinandersetzung Marktwirtschaft
gegen Marktgesellschaft. Wenn man anfange, den Markt auf die
Gesellschaft zu übertragen, werde sich diese verändern. "Und gegen
eine Marktgesellschaft werde ich mich immer stellen, gegen eine
Marktwirtschaft nicht, denn da ist der Markt dort, wo er hingehört",
so Gysi.
Der Geschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in
Berlin und Brandenburg, Christian Amsinck, sagte im
"Deutschlandfunk", Gysi müsse sich von der Programmatik der PDS
radikal verabschieden, denn in dieser Partei gäbe es ein tief
sitzendes Misstrauen gegenüber dem Unternehmertum.(APA/Reuters)