Etat
VÖZ: Österreichs Medien befinden sich in einer "Krisensituation"
Anzeigenrückgänge 20 und 40 Prozent - Gewerkschaft: Es zählt nur noch Gewinn
Österreichs Medienunternehmen befinden sich in einer wirtschaftlichen "Krisensituation". Dies erklärte Franz Ivan, Präsident des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ),
Mittwochabend bei einer Diskussion über den "Kostenfaktor Journalist" im Club Stephansplatz. "Die Rahmenbedingungen belasten uns nicht erst seit dem 11. September. Abspecken ist derzeit überall angesagt", sagte Ivan.Kostensteigerungen
Steigerungen von 20 Prozent bei den Papierpreisen, 30 Prozent
teurere Postzeitungstarife, fünf- bis sechs-prozentige Steigerungen
der Kollektivverträte und allgemeine Kostensteigerungen von drei
Prozent, machte Ivan für die schwierige Lage geltend. Darüber hinaus
hätten die heimischen Medien seit Mitte 2001 mit Anzeigenrückgängen
zwischen 20 und 40 Prozent zu kämpfen. Und die Presseförderung sei
seit 1992 um mehr als 100 Millionen Schilling gekürzt worden.
Konkurrenz und Konzentration
Dem stünden erlösseitig so gut wie keine Steigerungen gegenüber.
Im Gegenteil: die verschärfte Konkurrenz und Konzentration auf dem
Medienmarkt habe dazu geführt, dass die Medien Mittel in Internet
oder Privatradio investieren mussten. "Das alles hat dazu geführt,
dass nun Restrukturierungsmaßnahmen durchgeführt werden müssen."
"Kostenfaktor Journalist"
Es
sei nicht verwunderlich, dass dabei auch am "Kostenfaktor Journalist"
gedreht werde. Ivan: "Journalisten sind natürlich ein Kostenfaktor.
Sie sind aber für jede Zeitung das wichtigste Gut und Kapital."
Zimmermann: "Es geht nur noch um
Gewinnmaximierung"
Astrid Zimmermann, stellvertretende Vorsitzende der
Journalistengewerkschaft und Betriebsratsvorsitzende beim STANDARD,
wo es zuletzt umfangreiche Restrukturierungsmaßnahmen gab, schätzt
die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ähnlich ein wie der
VÖZ-Präsident, interpretiert diese jedoch anders. "Medien sind zu
Cash-cows geworden wie andere Unternehmen auch. Es gehe nur noch um
Gewinnmaximierung", so Zimmermann. Kritik übte die
Arbeitnehmervertreterin an der "Cross-over-Finanzierung" in neue
Geschäftsfelder wie Privatradio oder Internet-Auftritte.
Als Beispiele für die neue Managementkultur nannte Zimmermann die
Mediaprint ("Kronen Zeitung", "Kurier") sowie die Styria Medien AG
("Kleine Zeitung", "Die Presse", "Die Furche"). Selbst die
Mediaprint, die im Jahr 2000 eine Milliarde Schilling Gewinn vor
Steuer erzielt habe, müsse nun "drastisch sparen", damit Gewinne
maximiert werden können. Und bei der Styria laufe ein "massives
Sparprogramm", weil die Gewinnerwartung von zuletzt 190 Millionen
Schilling heuer nicht erreichbar sei, berichtete Zimmermann.
Golden Handshakes
Natürlich seien die Personalkosten bei Medien hoch. Menschen seien
jedoch das Hauptproduktionsmittel und -kapital. Dafür hätten die
Journalisten in den vergangenen Jahren immer mehr Aufgaben
übernommen. "Der Druck ist größer geworden. Gespart wird nun vor
allem bei älteren Journalisten: vorzeitige Pensionierungen,
Altersteilzeit, Golden Handshakes - bei allen Maßnahmen sind der
erste Sparfaktor immer die Journalisten", so Zimmermann.
Und 2003?
"Gewinn muss erlaubt sein. Es ist vernünftig, wenn die Eigentümer
eine Gewinnmarge vorgeben", erwiderte VÖZ-Präsident Ivan. Diese würde
in der heimischen Medienbranche zwischen sieben und zehn Prozent
liegen. Auch "Cross-over-Finanzierung" sei nicht verwerflich. Für das
Jahr 2003 hofft der Geschäftsführer der zur Styria gehörenden
"Presse" jedenfalls auf einen wirtschaftlichen Aufschwung. (APA)