Wien - Kaum verebbt der Krach um Postamtsschließungen und Euro-Zulage, gibt es in der gelben Post erneut einen Anlass für Zwist und Hader. Diesmal sind es die Überstunden, denen das Management unter Generaldirektor Anton Wais den Kampf angesagt hat. Dabei kommt Wais eine Änderung des Beamtendienstrechts entgegen, das die Abgeltung der Mehrarbeit in Freizeit forciert und den Durchrechnungszeitraum auf Quartale verlängert. Genau das aber erzürnt die rund 18.000 Postbeamten: Dass sie ihre werktags getätigten Überstunden künftig nur mehr quartalsweise ausbezahlt bekommen und nicht mehr monatlich. Geld gibt es nach der Neuregelung nur mehr für jene Mehrdienstleistungen, die binnen Vierteljahresfrist nicht als Zeitausgleich abgebaut werden konnten. Genau dort aber spießt es sich im operativen Geschäft der gelben Post - wie auch bei der Telekom Austria, deren 9000 Beamte ebenfalls in den sauren Apfel beißen müssen. Ein Beispiel: Die Zeitungszustellung am Samstag erfolge fast ausnahmslos in Über- stundenzeit. Würde sich der Beamte am darauf folgenden Montag entsprechend Zeitausgleich nehmen, müsste die Montagszustellung entfallen oder von einem Kollegen übernommen werden. Was wieder Überstunden verursacht. Gewerkschaft hüllt sich in Schweigen Die üblicherweise kampfbereite Postgewerkschaft hüllt sich in Sachen Überstunden auffällig in Schweigen. Man verhandle mit dem Vorstand und kommentiere deshalb nichts. Allerdings sickerte durch, dass die Dienstanweisung nicht zur Kenntnis genommen werde, weil diese undurchführbar sei. Weniger ist mehr "Das mag vielleicht bei den Beamten in der Verwaltung gehen, aber nicht am Postamtsschalter", heißt es. Zudem sei man bei Urlauben bereits 2400 Mannjahre im Rückstand - wie solle da Zeitausgleich genommen werden? Allein die Urlaube haben dem Vernehmen nach im Vorjahr Rückstellungen von 58,14 Millionen Euro (800 Mio. S) verursacht. Scheitern die am Donnerstag anberaumten Verhandlungen, werde man Protestmaßnahmen beraten, die Drohung "Dienst nach Vorschrift" schwebt im Raum. "Flexibilität" Die vom Budgetbegleitgesetz 2001 verursachte Änderung erlaubt offenbar einiges an Flexibilität: Während für die Angestellten der Post alles beim Alten bleibt, sind die Vertragsbediensteten des Bundes betroffen. Post-Management und Gewerkschaft könnten kreative Lösungen erarbeiten, der Spielraum dafür sei da, versichert ein Beamtendienstrechtsexperte dem S TANDARD . Die Post könnte überhaupt alles beim Alten lassen, wenn der Freizeitausgleich nicht möglich sei. Dabei würde sie quasi auf das "zinsenlose Darlehen" ihrer Mitarbeiter verzichten. Bei der Beamtengewerkschaft GÖD sind noch keine Protestbriefe eingelangt. Vermutlich, weil die 260.000 Bundesdiensteten erst am Monatsende bemerken werden, dass sie länger auf ihr Geld warten müssen, heißt es. Die Postler regt besonders auf, dass die neue Dienstanweisung kurz vor Weihnachten, also überfallsartig, ausgegeben wurde. "Gerade jetzt, wo wegen der Euroumstellung ohnehin alle am Limit arbeiten", beklagte ein Post-Mitarbeiter. Bis zur Basis sei die Neuregelung, die "eine enorme Zettelwirtschaft" verursache, überhaupt erst am 28. 12. 2001 durchgedrungen. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Printausgabe 10.1.2002)