Wien - Der seit Jahresanfang amtierende neue OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer steuert das Unternehmen auf einen flotten Expansionskurs. Er setzt sich von der Strategie seines Vorgängers ab, bei jeder Privatisierung in den Reformländern an vorderster Front mit dabei zu sein. "Wir werden nicht einem Merger nach dem anderen nachlaufen. Auf die Privatisierungen alleine kann ich mich bei der Umsetzung der Wachstumsstrategie nicht verlassen", sagt Ruttenstorfer. Um das hoch gesteckte Unternehmensziel, in spätestens sieben Jahren doppelt so groß zu sein, auch zu erreichen, werde man die schon jetzt recht großzügig bemessenen Investitionen weiter hinaufschrauben. Gemäß dem Investitionsplan, der aber in Kürze Makulatur sein wird, will der seit Jänner amtierende OMV-Generaldirektor in den nächsten drei Jahren zwei Mrd. Euro ausgeben. Schwerpunkte sind die Bereiche Öl-und Gasförderung sowie der Bereich Raffinerie und Marketing, also Verarbeitung und Tankstellen. Noch raffinierter Ziel des neuen Konzernchefs: Aus eigener Kraft in der Region Zentraleuropa einen Marktanteil von 20 Prozent erreichen und die Nummer eins werden. Damit müsste die OMV aber noch viel raffinierter werden. Derzeit betreibt die OMV zwei Raffinerien, in Schwechat bei Wien und in Burghausen in Bayern. Die dort erzeugten Mengen reichen aber nicht, um mit der Wachstumskur Schritt zu halten. Denn um den Eigenölanteil von jetzt 50 Prozent bei einer Verdoppelung der Zahl der Tankstellen in der Region zu halten, muss auch die Verarbeitungskapazität von jetzt zehn Mio. Tonnen auf 20 Mio. Tonnen verdoppelt werden.

"Wir müssen langsam an zusätzliche Raffineriekapazitäten denken. Die OMV ist offen, in diesem Bereich Anteile in Mitteleuropa zu nehmen", gibt sich Ruttenstorfer einkaufslustig. Im Zuge der Privatisierung mit einem anderen regionalen Spieler zu fusionieren stehe aber nicht im Vordergrund der Wachstumspläne. "Wenn sich Chancen ergeben, ist das fein."

Eine solche Gelegenheit sei der Kauf von zehn Prozent der Aktien des ungarischen Öl-und Gaskonzerns Mol gewesen. Man habe das Paket erworben, um den drohenden Einstieg eines öligen Konkurrenten zu verhindern. Sonst hätte man nämlich alle Chancen einer künftigen Zusammenarbeit mit dem ungarischen Konkurrenten verspielt. Neue Struktur Fix ist dagegen schon die neue Struktur, mit der die OMV die totale Liberalisierung des österreichischen Gasmarktes im Oktober ohne massive Einbrüche überstehen soll. Künftig wird eine Viererbande aus OMV, EVN, Wien Energie sowie der Energie AG Oberösterreich (EAG) die Großkunden in der Industrie, die Kraftwerke sowie die Gasverteiler gemeinsam beliefern. Dass die OMV 50 Prozent an der noch namenlosen neuen Gesellschaft halten wird, wollte Ruttenstorfer nicht bestätigen. Die drei Stromunternehmen haben sich mit der Linz AG zur Energie Allianz zusammengetan, die Burgenländer sollen folgen. Die für die Gaslösung erforderliche Genehmigung der Kartellbehörden sieht der Konzernchef gelassen. Angasen will das Quartett im Ausland, zuerst in Bayern, aber in Folge auch in den östlichen Nachbarländern, deren Märkte derzeit noch reguliert sind. Dort jetzt anzubieten sei wenig sinnvoll, weil man dort momentan nur Verluste einfahren könne. "Das macht wenig Spaß", sagt Ruttenstorfer. Für die anstehende Liberalisierung in den Reformländern sei man aber als Gruppe gut gerüstet. So halte die EAG zusammen mit der E.ON die Mehrheit am südböhmischen Regionalversorger. Die EVN wiederum habe indirekt einen Fuß im ungarischen Markt. (Clemens Rosenkranz, DER STANDARD, Printausgabe 9.1.2001)