Gelassen haben die Argentinier am Montag auf die Abwertung ihrer Währung um fast 30 Prozent reagiert. In der Hauptstadt Buenos Aires herrschte nur wenig Verkehr, viele Bewohner verbrachten den Sommermonat Jänner wie jedes Jahr im Urlaub.

Eine Blitzumfrage der Medien zeigte leise Hoffnungen: "Wir müssen den Politikern eine Chance geben, wir haben keine andere Möglichkeit", so ein älterer Herr. Etwas mehr Vertrauen habe sie in diese Regierungen als in die davor, sagte eine Straßenverkäuferin. "Wir werden noch viel leiden müssen", prognostizierte hingegen ein Jugendlicher.

Viele Menschen hegten Furcht vor einer neuen Hyperinflation wie Ende der 80er-Jahre. In zahlreichen Geschäften waren die Preise schon vor der Abwertung um 30 bis 40 Prozent angestiegen.

Wirtschaftsminister Jorge Remes Lenicov appellierte nochmals an die Bürger, keine überhöhten Preise zu akzeptieren. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Händler angesichts der Konkurrenz und der Bargeldknappheit ihre Preise über kurz oder lang senken müssten. Erhöhungen wären nur bei Importprodukten gerechtfertigt.

Die Banken öffneten am Montag nur kurz. Die an lange Schlangen gewöhnten Menschen warteten geduldig vor den Schaltern. Die meisten wollten Bargeld abheben, Rechnungen bezahlen oder Überweisungen tätigen. Devisengeschäfte wurden offiziell nicht getätigt, Wechselstuben bleiben geschlossen.

Innenminister Rodolfo Gabrielli traf sich mit Arbeitslosen aus den Vorstädten, die in den vergangenen Monaten öfters Straßen blockierten. Die First Lady Argentiniens, Hilda de Duhalde, will einer Million Arbeitslosen finanziell helfen.

Inoffiziellen Schätzungen zufolge deponierten argentinische Staatsbürger in der vergangenen Woche fast 800 Millionen Dollar auf Konten in Uruguay. Banken und Wechselstuben nahmen seit einigen Tagen wegen der Unsicherheit über den Wechselkurs jedoch nur noch Dollar und keine argentinische Peso mehr an.

Analysten zweifeln

Analysten reagierten zurückhaltend auf den neuen Wirtschaftsplan. Vieles hänge von der Reaktion der Bevölkerung ab, neue Proteste seien angesichts der fortdauernden Kapitalverkehrsbeschränkungen nicht auszuschließen, schrieb die Dresdner Bank Lateinamerika. Probleme würden außerdem in die Zukunft vertagt. Insbesondere der gesplittete Wechselkurs - 1,40 Peso pro Dollar im Außenhandel und ein frei floatender Peso im übrigen Devisenverkehr - berge Inflationsgefahr.

Aber auch die Banken könnten in ernste Schwierigkeiten geraten. Und die Regierung habe noch keine Vorschläge gemacht, wie sie das Haushaltsdefizit in den Griff bekommen wolle. Die deutsch-uruguayische Handelskammer in Montevideo sieht außerdem die Gefahr eines aufziehenden Protektionismus in der Region. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 8.1.2002)