Wien - In der Frage, ob auch 16- bis 18-Jährige wählen dürfen, kreuzten ÖVP und SPÖ am Montag weiterhin die Klingen. Wie berichtet, will die ÖVP in einem "Demokratiepaket" Briefwahl einführen, wofür eine Zweidrittelmehrheit, sprich die Zustimmung der SPÖ, notwendig wäre.

Die beharrt als Voraussetzung dafür aber auf einer Senkung des Wahlalters. Nachdem sich ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat auf eine Studie (Institut Brunmayr) berufen hatte, wonach die Mehrheit der 16- bis 18-Jährigen überhaupt nicht wählen wollten, konterten die Sozialdemokraten: Am Servicetelefon der SPÖ Wien hätten Jugendliche am Montag vehement eine Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre gefordert. Nationalratsabgeordnete Christine Lapp: "Die politische Sensibilität ist bei den Jugendlichen genauso groß wie in allen anderen Altersgruppen und Bevölkerungsschichten, deshalb fühlen sie sich auch besonders von der ÖVP ausgegrenzt, weil diese ihnen keine politische Verantwortung zutraut."

VP: Reine SP-Taktik

Die SPÖ-Forderung nach einer Senkung des Wahlalters geschehe nur aus reiner Parteitaktik, kritisierte hingegen ÖVP-Abgeordneter Walter Murauer. Anstatt endlich der längst notwendigen Einführung der Briefwahl zuzustimmen, beharre die SPÖ aus purem Populismus auf der Wahlaltersenkung. In den meisten anderen europäischen Ländern sei die Briefwahl längst erfolgreich eingeführt. Nicht nur für Senioren, Behinderte und Auslandsösterreicher sei diese Möglichkeit wichtig, sondern gerade auch für Jugendliche und junge Erwachsene, denen immer mehr Mobilität und Flexibilität abverlangt werde.

Trotzdem gab es auch innerhalb der ÖVP eine Pro-Stimme für Wählen ab 16: Silvia Fuhrmann, Bundesobfrau der Jungen VP, meinte in einem Presse-Interview: Sollte sich auf Landesebene abzeichnen, dass das neue Wahlalter ein Erfolg sei, so würde sie eine analoge Regelung auf Bundesebene befürworten. "Es ist sinnvoll, junge Menschen mitbestimmen zu lassen."

Für die Grünen forderte deren Jugendsprecher Dieter Brosz die Behandlung eines bereits zu Beginn der laufenden Legislaturperiode eingebrachten Antrags auf Senkung des Wahlalters. Brosz meinte: "Die Volkspartei blockiert die Behandlung nicht nur inhaltlich mit fragwürdigen Argumenten, sondern auch formal."

Erfahrungen aus deutschen Bundesländern zeigten, dass die 16- bis 18-Jährigen sogar in höherem Ausmaß wählen gehen als die 18- bis 35-Jährigen. (red,derstandard,print-ausgabe,8.1.2002)