Wenn es um Europa geht, haben die Italiener offenbar kein allzu großes Vertrauen in ihre Regierung. Ein Grund für den bisher eher zögerlichen Einsatz des Euro in Italien ist, dass die Bürger sich nicht vorstellen konnten, dass ihre Behörden zu einer reibungslosen Einführung der Gemeinschaftswährung in der Lage sein würden. Logisch, zumal nicht wenige Minister gegen den Euro hetzten: Die Einigung Europas passt eben so manchen Mitgliedern der Regierung Silvio Berlusconis nicht ins Konzept. Außenminister und EU-Freund Renato Ruggiero hat daraus nun die Konsequenz gezogen - er ging.

Wer bleibt, ist der Lega-Chef und Regionalminister Umberto Bossi, für den alles Übel dieser Welt aus Brüssel und aller Segen aus dem Norden Italiens kommt. Wer bleibt, ist Verteidigungsminister Antonio Martino, der Italien lieber näher an die USA heranführen will als an die EU-Partner. Wer bleibt, ist Wirtschaftsminister Giulio Tremonti, der es mit der Begründung, dies sei eine Aufgabe für "Primaten, die mit Fähnchen wedeln, Wunderheiler, Schmanen und Bankiers", ablehnte, für den Euro zu werben. Und wer bleibt, ist Ministerpräsident und Medienmagnat Silvio Berlusconi, der sich bei seinen europäischen Kollegen bisher vor allem als Blockierer eingeführt hat - Stichworte EU-Haftbefehl und Lebensmittelbehörde.

Berlusconi hat beim Mobbing gegen den Proeuropäer Ruggiero letztlich für die Gegner des Außenministers Partei ergriffen. Das lässt ahnen, dass die EU aus Rom in der nächsten Zeit wenig Konstruktives zu erwarten hat. Paradox, denn als italienischer Unternehmer müsste Berlusconi eigentlich sein, was fast alle Unternehmer im Exportland Italien sind: EU-Befürworter.

Doch der Medienzar will wohl die bisherigen Defizite der Union weiter für sich ausnutzen: Er möchte im Binnenmarkt wirtschaftlich expandieren, aber juristische Schlupflöcher beibehalten. Mehr politische Einigung würde da nur stören.

(DER STANDARD, Print- Ausgabe, 07. 01. 2002)