Paris - Weltweite Triumphe und werbewirksame Skandale begleiteten seine ungemein steile Karriere. Er revolutionierte die Mode, machte Schwarz zu einer Kultfarbe, ließ trendgerechte Parfüms kreieren und setzte auch bei den Theaterkostümen klare Akzente. Der als zurückhaltend bekannte Modezar Yves Saint Laurent (65) will jetzt noch einmal ins Rampenlicht treten. Ganz Paris spricht bereits davon, dass "der berühmteste Couturier der Welt" (so Le Monde ) heute, Montag, etwas nur sehr schwer Vorstellbares verkünden wird: seinen Rückzug aus der Modewelt. Der große Yves Saint Laurent geht in Pension - vor dem Hintergrund aufreibender Spannungen in seinem aufgesplitteten Reich. Ende einer Generation "YSL tritt ab", beklagt die Pariser Presse schon das Ende einer Generation von Couturiers, eingeleitet vor drei Jahren von Hubert de Givenchy. Christian Dior, Coco Chanel, de Givenchy und "YSL" prägten Jahrzehnte französischer Haute Couture. Der 1936 im algerischen Oran geborene Yves Saint Laurent baute sein Imperium in vier Jahrzehnten mit ebenso genialen wie provozierenden Ideen auf. Er setzte mehr auf seinen persönlichen Stil denn auf Modetrends, entwarf einen Safari-und Uniform-Look, durchsichtige Blusen, den Smoking für Frauen und das Trapez-Kleid - eine Befreiung der Damenwelt aus starrer Hülle. Der Design-Hexenmeister, homosexuelle Dandy und Multimillionär, kurzsichtig und von Depressionen geplagt, sorgte auch in der Welt des Parfüms für Aufruhr. In seiner Welt der Tausenden von Modellen und Kreationen stand ihm seit Beginn in der Seine-Stadt mit Pierre Berge ein Geschäftsmann von ebenbürtiger Passion und mit einem starkem Hang zur Kultur zur Seite. Nicht das Pensionsalter, sondern Spannungen dürften den Rückzug ins Privatleben begünstigt haben, spekulieren Frankreichs Medien und warten auf die Erklärungen des Meisters. Prêt-à-porter und Parfüms gingen vor zwei Jahren an das italienische Haus Gucci, das zu dem Imperium des französischen Großaktionärs Fran¸cois Pinault gehört. Das Reich Saint Laurents zerfiel in zwei Teile: Guccis Topmann Tom Ford ist für den Prêt-à-porter-Bereich verantwortlich, Saint Laurents Partner Berge für Haute Couture (kontrolliert von Pinaults Holding Artemis). Er war der erste Modemacher, dem das New Yorker Metropolitan Museum of Art zu Lebzeiten (1983) eine Retrospektive widmete. (dpa, DER STANDARD, Printausgabe 7.1.2002)