Garmisch - Wenige Tage vor den abschließenden Verhören der österreichischen Staatsanwaltschaft und knapp zehn Wochen nach dem verhängnisvollen Zusammenprall mit Riesenslalom-Weltmeisterin Régine Cavagnoud ist Skitrainer Markus Anwander von seiner Unschuld überzeugt: "Das ist meine persönliche Meinung, aber sie deckt sich mit vielen Rückmeldungen. Alles andere wird die Staatsanwaltschaft klären."

Vom 8. bis zum 10. Jänner wird der leitende Innsbrucker Staatsanwalt Rudolf Koll in dem Verfahren wegen fahrlässiger Tötung sämtliche Personen verhören, die an jenem Training der deutschen Europacup- und der französischen Weltcup-Mannschaft am 29. Oktober am Pitztaler Gletscher beteiligt waren. "Es gibt noch einige Details zu klären. Die Schuldfrage zu beantworten ist schwer genug, und die Tragik diese Unglücks ist für jeden Beteiligten ohnehin schon eine große Strafe", sagte Anwander.

Gut erholt

Vor fast drei Wochen ist er aus der Innsbrucker Uniklinik entlassen worden und hat sich seitdem gut von dem Unfall erholt, bei dem er lebensgefährliche Verletzungen - unter anderem einen Schädelbasisbruch - erlitten hatte. Nach dem Zusammenprall mit Cavagnoud lag Anwander zwei Wochen lang im Koma und musste mehrfach im Gesicht und am Rücken operiert werden. Cavagnoud war zwei Tage nach dem Unglück am 31. Oktober ihren Kopfverletzungen erlegen.

"Gesundheitlich geht es mir gut, nur die Kraft fehlt noch. Ich hatte wirklich ein Riesenglück im Unglück." Am Neujahrstag stand der 40-Jährige, der 15 Kilo abgenommen hat, erstmals wieder auf Skiern und beobachtete das Training seiner Damen. "Ende des Monats bin ich wieder ein vollwertiger Trainer. Ich freue mich darauf." An den Unfall erinnert er sich nicht. "Es ist schwierig, darüber zu sprechen. Ich versuche, das Ganze zu verdrängen."

Keine psychologische Betreuung

Psychologische Betreuung hat er nicht in Anspruch genommen. Als ihm allerdings seine Frau im Krankenhaus von Régine Cavagnouds Tod berichtete, war ein Psychologe anwesend. "Ich übe mich in der Kunst der Verdrängung", sagt Anwander: "Aber ich habe keine Spur von Angst oder schlechtem Gefühl."

Konsequenzen aus dem Unfall könne man nicht ziehen. Die Trainingsabläufe wären wie immer sehr gut organisiert, und "wenn sich alle daran gehalten hätten, wäre auch alles problemlos abgelaufen". Eine Standardisierung des Funkverkehrs mehrerer Teams beim gemeinsamen Training sei schon aus technischen Gründen nicht umsetzbar: "In meinen 20 Jahren als Trainer hat nie die Gefahr bestanden, dass so ein Unfall passieren kann. Ich bin jetzt natürlich sensibler und wachsamer als früher." (sid)