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Vorgestern Erstkontakt mit Dieter Wedels Affäre Semmeling.

Entweder wird diese Serie ein Meilenstein von Balzacschem Format oder die größte Niederlage seit der Erfindung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Dazwischen ist fast nichts mehr möglich. Die Grundkonstruktion ist jedenfalls epochal:

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Aus der Affäre Semmeling spricht die Erkenntnis,

dass "oben" (zwischen Politik und Medien) alles enger zusammengerückt ist, während die Kluft nach "unten" - zum Volk hin - schier unüberbrückbar wird. Um nun seinerseits ein großes Publikum zu bedienen, muss Wedel ähnlich plakativ agieren wie die von ihm kritisierten Strategen der Macht. Das zeitigt - ähnlich wie in Balzacs Menschlicher Komödie , aber natürlich zeitgemäß noch unreiner - eine wahre Räuberpistole von Politthriller, aber viele Knalleffekte entsprechen gerade als Selbstbeschädigungen den realen Verhältnissen.

Foto: ORF

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Wedel verlagert etwa Protagonisten des 70er-Jahre-Familien-Fernsehspiels

in die neue medienpolitische Unübersichtlichkeit. Daran zerbrechen auch Spiel- und Darstellungsformen. Papa und Mama Semmeling finden sich im Heute nicht zurecht. Sie passen nicht in die schnellen Schnitte, die die komplexe Realpolitik der linearen Erzählung abverlangt: Selten sah man deutlicher, was Fernsehen als Gesellschaftsroman bedeuten könnte bzw. wie sich die realistische Darstellung von Gegenwart in den TV-Formaten und gleichzeitiger Ermangelung anderer Erzählformen (etwa im Kino) zu verheddern droht. Ausführliche Besprechung folgt. (cp/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.1.2002)

Nachlese
Politik aus der Wundertüte
Link
ZDF-Schwerpunkt: Die Affäre Semmeling

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