Frankfurt/Main/London - Deutsche Forscher haben Fleisch
fressende Pflanzen entdeckt, die sich ihrer Beute geradezu zum Fraß anbieten.
Die Pflanzen lassen sich anknabbern, um eine bestimmte Art Termiten
anzulocken, die ihnen besonders gut zu schmecken scheint. Das
berichten Marlis Merbach von der Frankfurter Johann Wolfgang
Goethe-Universität und Kollegen in "Nature".
Die Kannenpflanze "Nepenthes albomarginata" sei auf zwei Arten
weltweit einmalig, sagt Merbach: "Sie ist die
einzige bekannte Pflanze, die sich auf eine einzige Beutegruppe
spezialisiert hat, und die einzige, die als Köder lebendes
Pflanzengewebe zum Fressen anbietet." Normalerweise sind Fleisch
fressende Pflanzen nicht sehr wählerisch bei der Nahrung: Sie
fressen, was sich fangen lässt. Als Lockmittel dienen in der Regel
Nektar, Farbe oder Duft.
Die Spezialistin
"Nepenthes albomarginata" ist eine Ausnahme: Ihre Lieblingsspeise
ist die "Nasutitermitinae", eine auf Südasien beschränkte
Termitengruppe. Die einen halben Zentimeter großen Insekten weiden
den behaarten Rand der Kanne ab und rutschen dabei in die glitschige
Falle. "Innerhalb etwa einer Stunde ist der Rand abgefressen und die
Kanne mit Termiten gefüllt", berichtet Merbach. Der Beute-Rekord lag
bei mehr als 6.000 Tieren in der Stunde, während andere
Kannenpflanzen nur wenige Ameisen, Käfer und andere Kleininsekten in
ihren sechs Monaten Lebensdauer fangen.
Marlis Merbach und ihr Mann Dennis reisen seit 1995 nach Borneo,
um Fleisch fressende Pflanzen zu beobachten. Die ungewöhnlichen
Ernährungsmethoden der "Nepenthes albomarginata" mit ihren acht bis
zwölf Zentimeter großen Kannen entdeckten sie 1998 eher durch Zufall:
Dem Paar war aufgefallen, dass leere Kannen einen weißen Rand hatten,
mit Beute gefüllt, aber abgefressen waren.
(APA/dpa)