Österreich
Monster-Prozess um "Pyramidenspiel" steht in Wels bevor
Elf Angeklagte - Tausende Geschädigte
Wels - Ein Monster-Prozess rund um eine Art "Pyramidenspiel"
steht am Landesgericht Wels in Oberösterreich bevor. Elf Österreicher
müssen sich wegen des Verdachts des schweren gewerbsmäßigen Betruges
und der Bildung einer kriminellen Organisation verantworten. Es
dürfte Tausende Geschädigte geben, vermutlich haben noch gar nicht
alle ihre Ansprüche geltend gemacht. Ein oberösterreichischer
Rechtsanwalt hat die Vertretung der mutmaßlichen "Spiel-Opfer"
übernommen und ruft weitere Geschädigte auf, sich zu melden. Ein
genauer Verhandlungstermin wurde noch nicht fixiert.Als eine Art private "Lotteriegemeinschaft" aufgezogen
Das "Pyramidenspiel" war bereits Ende der achtziger Jahre
gestartet worden. Die Betreiber hatten es als eine Art private
"Lotteriegemeinschaft" aufgezogen. Im Laufe der Zeit breitete sich
das "Spiel" immer mehr aus, heute schätzt man, dass es Teilnehmer -
und damit auch Geschädigte - in ganz Europa gab. Die Zentrale befand
sich in Oberösterreich, daher ist jetzt auch das Gericht in Wels
zuständig. Der Rechtsanwalt Heinz Häupl aus Nußdorf am Attersee - er
vertritt die Geschädigten als Privatbeteiligte - schätzt, dass es bis
zu 8.000 Spielteilnehmer gab, die konkret geschädigt wurden.
Europaweit könnten es freilich noch wesentlich mehr gewesen sein.
Häupl: "Weitere Geschädigte sollten sich in nächster Zeit melden,
damit ihre Ansprüche noch für den Prozess in Wels geltend gemacht
werden können". Die Anklage geht von einem Gesamtschaden von rund 36
Mill. Euro (495 Mill. S) aus.
Manipulationen im Spielsystem
Laut Staatsanwaltschaft Wels seien die Betrugshandlungen
einerseits durch gezielte falsche Gewinn-Versprechungen an die
Mitspieler erfolgt, andererseits aber auch durch Manipulationen im
Spielsystem. Die Nutznießer dieser Manipulationen seien die nunmehr
Angeklagten gewesen.
Codes mussten erst geknackt werden
Die ursprüngliche Anklage war bereits im Jahr 1999 erstellt worden
und wurde auch rechtskräftig. Der zuständige Richter verlangte
allerdings noch weitere Gutachten, unter anderem im Zusammenhang mit
den mutmaßlichen Manipulationen. Der Gutachter stand dabei allerdings
vor dem Problem, dass die Dateien des Spielsystems geschickt
verschlüsselt waren und der Experte die Codes erst mühsam "knacken"
musste. Letztlich liege aber nun ein Gutachten vor, das die
Manipulationen bestätige, so die Staatsanwaltschaft Wels. Daher stehe
jetzt dem Prozess nichts mehr im Weg, beim Landesgericht Wels laufen
die Vorbereitungen für das Großverfahren. Es stellt das Gericht
sowohl in personeller als auch räumlicher Hinsicht vor erhebliche
Probleme.
Elf Angeklagte
Die Ermittlungsbehörden gehen davon aus, dass die elf in Wels
angeklagten Personen die "Manager" des Spiels waren, der eigentliche
"Boss" dürfte aber ein Deutscher gewesen sein. Gegen diesen läuft in
Deutschland ein umfangreiches eigenes Verfahren. (APA)