Berlin/Paris - Der Parteispenden-Untersuchungsausschuss des Bundestags schickt eine Delegation zur Zeugenvernehmung in der Leuna-Affäre nach Paris. Der Ausschussvorsitzende Volker Neumann sagte am Mittwoch, die Entsendung der aus acht Abgeordneten bestehenden Delegation sei seit längerem beschlossene Sache. Die französische Justiz will Berichten zufolge ebenfalls im Jänner auch den deutschen Geschäftsmann und Leuna-Lobbyisten Dieter Holzer vernehmen, der gegen eine Millionenkaution auf freiem Fuß ist.Der Spendenuntersuchungsausschuss des deutschen Bundestages reist am 14. Jänner zu einer Vernehmung nach Paris. Der frühere Elf-Manager Alfred Sirven soll dort zur Leuna-Affäre befragt werden, wie das Büro des Ausschussvorsitzenden Volker Neumann am Donnerstag in Berlin mitteilte. Der Ausschuss will eine Delegation nach Frankreich schicken, der Neumann und weitere Parlamentarier angehören werden. Schlüsselfigur Sirven Sirven gilt als eine Schlüsselfigur der Leuna-Elf-Affäre, bei der es um Schmiergeldzahlungen von rund 80 Millionen Mark (40,9 Mill. Euro/563 Mill. S) im Zusammenhang mit dem Verkauf der ostdeutschen Leuna-Raffinerie an den damals staatlichen französischen Mineralölkonzern Elf-Aquitaine im Jahr 1992 geht. Der Ausschuss hatte Sirven bereits im vergangenen Jahr in Paris vernehmen wollen; dies war jedoch am Einspruch der französischen Justiz gescheitert. Die Vernehmung soll nun am Nachmittag des 14. Januar unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Sirven war Ende Mai in Frankreich in einem Elf-Schmiergeldprozess zu vier Jahren Haft und einer Geldstrafe von zwei Millionen Franc (304.898 Euro/4,20 Mill. S) verurteilt worden. Weitere Akten in Frankreich Ausschussmitglied Friedhelm Beucher sagte im Kölner "Express" (Mittwochausgabe), zu dem Fall gebe es noch "hochinteressante Akten in Liechtenstein und vor allem in Frankreich". Damit bleibt die Suche nach Spuren zu möglichen Schmiergeldzahlungen bei der Privatisierung der ostdeutschen Leuna-Werke durch den französischen Konzern Elf Aquitaine auf der Tagesordnung. Noch im September vergangenen Jahres war eine vom Parteispendenausschuss geplante Reise zu Zeugenvernehmungen in Paris geplatzt. Haftbefehl aufgehoben Beucher gehört der Delegation des Untersuchungsausschusses nicht an. Wie er der Nachrichtenagentur AP sagte, will der SPD-Abgeordnete aber Anfang Februar anlässlich seiner Teilnahme an einem Anti-Korruptions-Kongress in Paris mit dem für die Elf-Ermittlungen zuständigen französischen Richter sprechen. Die Reise der Ausschussmitglieder fällt zeitlich in die Vernehmung des deutschen Elf-Lobbyisten Holzer, die nach einem Bericht der Zeitung "Le Parisien" am 9., 10. und 17. Jänner stattfinden sollen. Den Angaben zufolge soll Holzer in Paris von Untersuchungsrichter Renaud van Ruymbeke befragt werden. Ende Dezember hatte die französische Justiz einen internationalen Haftbefehl gegen Holzer gegen eine Millionenkaution aufgehoben. Sie verdächtigt Holzer, bei der Leuna-Privatisierung Beihilfe zur Veruntreuung von Geldern des Ölkonzerns Elf Aquitaine geleistet zu haben. Der Geschäftsmann hat bestritten, seine Millionenprovisionen an Dritte in Deutschland weitergeleitet zu haben. Der Ausschuss geht jedoch dem Verdacht nach, dass beim Verkauf der DDR-Tankstellenkette Minol in den frühen 90er Jahren erhebliche Mengen an Schmiergeld möglicherweise auch an Politiker flossen. Zahlreiche, den Fall Leuna betreffende Akten und Daten waren nach der Regierungsübergabe im Herbst 1998 auf mysteriöse Weise aus dem Kanzleramt verschwunden. Der Ausschuss will nach Angaben Beuchers auch im Fall der "angeblichen Spenden" an den früheren deutschen Bundeskanzler und CDU-Vorsitzenden Helmut Kohl nicht locker lassen. (APA/AP)