Die Staatsanwaltschaft München und die Bundestagsverwaltung prüfen, ob die Spendenbetrugsvorwürfe gegen die CSU zutreffen. Ein Sprecher von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) sagte am Mittwoch, es werde untersucht, ob die CSU mit ihrem Finanzgebaren gegen das Parteiengesetz verstoßen habe. Die Staatsanwaltschaft München I erklärte, eigene Untersuchungen einzuleiten. Der Vorsitzende des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur CDU-Spendenaffäre, Volker Neumann (SPD), kündigte an, dass sich das Gremium mit der Spendenpraxis der CSU befassen werde, falls die Partei nicht selbst für Aufklärung sorge.

Das Magazin Stern hatte berichtet, dass sich die Partei jahrelang durch falsche Spendenquittungen staatliche Zuwendungen in Höhe von rund 3,1 Millionen Euro (42,7 Mio. S) erschlichen habe. CSU-Generalsekretär Thomas Goppel sprach von "bösartigen Vorwürfen". Mit dieser Kampagne werde versucht, dem bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber zu schaden.

Tatsächlich haben schon mehrfach deutsche Medien über die Spendenpraxis in der CSU berichtet. Demnach hat die CSU in den 90er-Jahren Gönnern angeboten, Abonnements von Parteiblättern wie dem Bayernkurier zu kaufen. Das Geld wurde als Spende deklariert. Nach Ansicht von Steuer- und Parteienrechtsexperten hätten die rund drei Millionen Euro aber im CSU-Rechenschaftsbericht als "Erlöse aus dem Verkauf von Druckschriften" auftauchen müssen. Dann hätte die CSU aber keine staatlichen Zuwendungen erhalten. Das Parteiengesetz sieht vor, dass der Staat für zwei gespendete Euro rund einen Euro Zuschuss gewährt.

Stoiber stoppte Aktion

Goppel verteidigte die Vorgangsweise: "Dies wird seit Jahren praktiziert und ist der Bundestagsverwaltung und den Finanzbehörden bekannt." Der CSU-Generalsekretär legte ein Schreiben der Bundestagsverwaltung vom April 1996 vor, als ähnliche Vorwürfe gegen die Partei schon einmal laut geworden waren. Darin heißt es, dass die Partei für "ein Patenschaftsabonnement eine Spendenbescheinigung ausstellen" könne. Allerdings dürfte dem CSU-Chef selbst die Praxis nicht ganz geheuer gewesen sein, denn Stoiber stoppte die Aktion 1999.

Nach Ansicht Goppels sollen die Vorwürfe nur die Kanzlerkandidatur Stoibers belasten. CSU-Landesgruppenchef Michael Glos geht weiter von einer Kanzlerkandidatur Stoibers aus. In den nächsten Wochen soll eine Entscheidung fallen, ob Stoiber oder CDU-Chefin Angela Merkel als Herausforderer von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bei der Wahl im September 2002 antritt. CSU will auch Presserat einschalten Die CSU prüft wegen der Vorwürfe einesangeblichen Spendenbetrugs eine Klage gegen die HamburgerIllustrierte "Stern". Das Magazin habe alte Vorwürfe neu aufgetischt,die die Bundestagsverwaltung schon 1996 ausgeräumt habe, sagte eineCSU-Sprecherin am Donnerstag in München. Die Partei erwäge daherauch, den Presserat einzuschalten. Ein Sprecher der Bundestagsverwaltung sagte, die Prüfung derCSU-Spendenpraxis werde nicht vor der nächsten Woche abgeschlossensein. "Dies ist eine seriöse Prüfung, und die ist nicht in ein paarStunden beendet", sagte der Sprecher. Zu den Vorwürfen von Glos gegenThierse wollte sich der Sprecher nicht äußern.


(APA/Reuters/DER STANDARD, Printausgabe, 3.1.2002)