Wahnsinn! Warum schickst du mich in die Hö-lle ...

... Hö-lle. Hö-lle. Hö-lle. ... sangen auch dieses Jahr wieder die anderen. Die einen, die „Black´n´Blues“, hatten Stress. Zum Bandjubiläum im Februar kamen auch wieder nur die anderen. 10.000 Fans der Konkurrenz vor dem gründlich gesäuberten Band-Domizil am Ballhausplatz. Kacke. Dabei gaben sie sich die Ur-Mühe. Ein Jahr bildeten die heimischen Local Heroes bereits die Speerspitze des seriösen Qualitätspops.

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Sänger Wolfgang Wolferl Wolfi

war zwar noch immer an der großen Trommel, doch es gab immer wieder Zoff mit Leadgitarristin Suzy. Der klassische Konflikt. Suzy wollte dreckigere Rhymes und speedigere Beats und überhaupt mehr Spotlight bei den Auftritten. Die Band war in der Krise. Steirische Ex-Bandmitglieder verlangten Kohle und drohten in der Yellow-Press mit untergriffigen Homestories. Da sollte der große Pop-Poll im März in der Hauptstadt der Musik wieder für gute Stimmung sorgen. Es wurde ein Fiasko.

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Michael „Das goldene Wienerherz“ Häupl verzauberte die Fans.

Die "Black`n`Blues" hatten die Schuldigen rasch gefunden: Die lokalen Fanclubs hatten versagt. Die gewohnt harten Lyrics zogen einfach nicht mehr. Beobachtern der Szene waren die Ursachen für den Einbruch schon lange klar: Keine Hits, permanent Abkassieren und dann ...

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Temelin.

Die Tschechen wollten da ein Bombenfestival aufziehen. Nur Sicherheit für Fans und Anrainer? Eben. Fragezeichen. Die „Black´n´Blues“ wollen da nicht auftreten. Aber die Plattenbosse in Brüssel hatten schon Vorverträge mit der Szene. Bald sollten auch die Tschechen im Brüsseler Großvertrieb mit dabei sein. Das sorgte bei den „Black´n´Blues“ für miese Stimmung. Frontmann Wolfgang Wolferl Wolfi wollte reden. Mit den Tschechen?

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Der harte Teil der Truppe ging auf die Barrikaden.

Sie wollten die Fans abstimmen lassen. Ja, verlangten sogar, dass die Tschechen nicht in den Brüsseler Großvertrieb aufgenommen werden. Die Hardcorefraktion der "Black´n´Blues" drohte mit Ausstieg aus der Band. Weil überhaupt, die Tschechen. Die mit ihrer fremdartigen Musik. Das schlimmste: Sogar das kleinegroße Fanzine wendete sich von Frontmann Wolfi ab. Es wurde nur mehr gezofft. So ging das das ganze Jahr.

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Kein Wunder, dass andere Interpreten besser verkauften.

Al Gusenbauer etwa. Er hatte endlich die Band hinter sich versammelt und konnte sich in Ruhe auf das Songmaterial konzentrieren. Das ging mal schlecht mal recht. Für den vollen Erfolg fehlt einfach der Superhit. Am 1. Mai, dem traditionellen Fan-Fun-Tag, war dennoch richtig toll was los. Die Lyrics sorgten für gute Vibes. Al dürfte Selbstvertrauen getankt haben. Er ging zum Friseur.

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Peter von den „Black´n´Blues“ ging zum gleichen Figaro.

Ansonsten war vom „Bad Boy“ der Gruppe wenig zu sehen und zu hören. Außer das Gleiche. Immer wieder das Gleiche. Stänkern, stänkern, stänkern. Dann telefonierte er meist mit dem Fanclub Süd. Danach wieder: Stänkern, stänkern, stänkern. Er wirkte irgendwie fremdgesteuert.

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Die Pressebetreuung war auch nicht opti.

Dieter, der mit dem kleinsten Instrument, war dafür zuständig. Dieter war nicht beliebt. Sieben Mal wollten die anderen ihn rausvoten.

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Monika wurde eigentlich nur in die Band genommen,

weil sie gute Haare hat und lieb ausschaut. Erst danach wurde ihr gesagt, dass sie auch den Tourbus fahren müsse. „Und pass auf die Lkw´s auf, da gibt´s sehr viele davon auf unseren Straßen“, warnten die anderen. Prompt parkte sie das Gerät in der Pampas. Das Lenkrad war einfach viel zu groß. Mit den Chefs in Brüssel hat sie sich überworfen. Sie mag eigentlich nicht mehr in der Band sein. Das sieht man ihr an. Aber wohin soll sie bloß gehen?

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Herbie hatte übrigens auch ein, zwei, drei Probleme.

Gesundheitlich war er mächtig down. Herbie wurde etwas hypochondrisch. Und ein bisschen schizophren: Er wusste nicht mehr, ob er eine Frau oder ein Mann war. Selbst die Krankenkasse machte ihn krank. „Die Krankenkasse macht mich krank“, sagte er. Aber Herbie bekam sich in den Griff. „Von einem kranken Rind lass ich mich noch lange nicht verrückt machen,“ sagte er dann auf einmal gegen Jahresende.

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Der Patrick aus der letzten Reihe

hatte Stress mit einem Innsbrucker Groupie. Sonst hatte er nie etwas zu sagen, hatte vor allem Probleme mit den Rhymes. Nun musste der Patrick auf einmal soooo viel erklären. „Da war nix“, erklärte der Patrick. Erklärte die Polizei. Erklärten danach alle. Alles nur Bullshit. Die Presse hatte Schrott geschrieben. Dieter von der Pressebetreuung wurde hellhörig. Doch dann stand die Band wieder im Mittelpunkt. Die „Black´n`Blues“ spielten ein neues, tolles Album ein.

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Für „Hit, mach mit - NULL-Defizit“

wurde ordentlich die Werbetrommel gerührt. Man hatte sich reichlich Mühe gemacht, saß nächtelang im Studio und bastelte an den Tracks. „NULL-Defizit“ ging dennoch gründlich in die Hose. Das Album chartete nicht und nicht und nicht und lag wie Blei in den Regalen. Kein Wunder. War ja auch nix drauf auf der CD. Doppeltes Pech: Frontmann Wolfi erkrankte an vollkommender Verstummung. Die Austro-Combo kam unter Druck. Die Konkurrenz mobilisierte unterdessen die eigenen Fans.

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Knallharter Heavy-Metal

sollte die Antwort auf die luschigen „Black´n´Blues“ sein. Mittlerweile hatten viele den konservativen Mainstream, der immer auf die potente Käuferschicht schielte, schlichtweg satt. Im Radio, im Fernsehen, im kleinengroßen Fanzine - überall die gleiche Propaganda. Kein Platz für Spartenprogramm. Fritz „Iron“ V. setzte ein Zeichen und stellte im Oktober seinem Fanclub ein paar Fragen zum Thema. Die Sache wurde ein voller Erfolg. Das Voting zeigte: 800.000 Fanclub-Mitglieder hatten die Schnauze voll. Dass der Heavy-Metal-Fanclub selbst ein paar Probleme mit dem Gehaltsschema der Aktiven hatte, sei nur nebenbei erwähnt.

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Van der Bellen hingegen war lieb.

Manchmal zu lieb. Van der Bellen ist kein Künstlername. Er macht trotzdem gute Musik. Van der Bellen hat die New Age-Attitüde seiner VorgängerInnen hinter sich gelassen und bedient eher die Intellektuellen-Pop-Schiene. Hatte dieses Jahr ein paar gute Hooks drauf, manchmal glitt er aber zu stark ins Melancholische ab. War der einzige, der mit der Band Gigs in kleineren Clubs gab. Van der Bellen sollte sich einmal die Arrangements von einem richtig fetten Disco-Produzenten aufzwirbeln lassen, meinen viele Experten. Hat heuer ganz solide Arbeit abgeliefert, kokettiert mit einem Duett mit Al Gusenbauer.

foto: reuters/föger

Den „Black`n`Blues“ war und ist das aber alles eher wurscht.

Die fahren drüber. Oder sie fahren sich gegenseitig drüber. 2003 ist große Band-Battle. Luftgitarrensoli reichen dann nicht mehr aus, um die Jury zu überzeugen. Ob´s bis dahin die „Black´n`Blues“ noch gibt, ist ungewiss. Fragen Sie am besten den ...

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foto/montage: der standard/cremer/derstandard.at