Von Dominik Kamalzadeh

Hinter dem Hype um die Verfilmung von J. R. R. Tolkiens Herr der Ringe, deren erster Teil in diesen Tagen weltweit vom Stapel gelassen wird, droht sein Wirken ein wenig zu verschwinden. Allerdings wird gerade der Regisseur dieses Großspektakels, der Neuseeländer Peter Jackson, der – wer weiß es noch nicht – bereits alle drei Teile mit einem Budget von über 300 Millionen Dollar abgedreht hat, in Zukunft vor allem an dessen Erfolg gemessen werden.

Gerät ihm der Ring zum Fluch oder zum Öhr für neue Heldentaten – man weiß es noch nicht. Jedenfalls gehörte vom Studio New Line, einem Teil des Warner-Imperiums, schon einiger Mut dazu, den mit Großproduktionen bisher unerfahrenen Jackson diesen Blockbuster anzuvertrauen. Andererseits hat jemand wie er noch etwas zu verlieren, etwa seinen tadellosen Ruf als Splatterorgien-Leiter.

Programmatisch war schon der Titel seines Debüts: Bad Taste (1987). Fünf Männer jagen menschenhungrige Aliens, unter anderem werden Schafe von Bazookas zerfetzt, und auch sonst wird der Lust an der Zerstückelung von Körpern ausgiebig gefrönt. Übertroffen hat er sich nur selbst, im Finale von Brain-dead (1992), wenn eine Horde Zombies mit einem Rasenmäher zu einem Brei aus Blut, Gedärmen und Knochenmehl verarbeitet wird.

Dabei sind Jacksons Horrorfilme keineswegs "nur" Trash, sie überschreiten die Grenzen zu anderen Genres. Mit anarchischem Humor holen sie den Körper zurück ins Bild, gewissermaßen befreit von sozialen Zwängen. Noch Meet the Feebles (1989), ein Puppenanimationsmusical nach Art der Muppets, gehorcht diesem Prinzip, wenn es zeigt, dass selbst niedliche Stofftiere innen ganz anders aussehen.

Jackson, 1961 signifikanterweise zu Halloween in Pukerua Bay, Neuseeland, geboren, wurde einmal als "Kiwi-Version von Spielberg" bezeichnet. Wie dieser begann er bereits als Kind mit Kameras zu experimentieren, nur dass er angeblich den Zweiten Weltkrieg im Garten verfilmte, inklusive Löchern im Filmstreifen, die Einschüsse simulierten. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Frances Walsh, die zu fast allen Arbeiten Jacksons – inklusive Herr der Ringe – das Drehbuch (mit)schrieb, lebt und arbeitet er immer noch dort.

Er schätzt diese Autonomie, auch das teilt er mit Spielberg und Lucas. Mit seinem eigenen Special-Effects-Studio WETA liefert er computertechnischen "state of the art". Die Wende zum Digitalen vollzog Jackson bereits in Heavenly Creatures (1994), der sich einem wahren Mordfall aus der Perspektive der Täter, zweier Mädchen, annahm. Die fantastische Realität, die er darin – zudem ganz ökonomisch – kreierte, dürfte ihn als "Übersetzer" Tolkiens und letztlich zum wahren Herrn der Ringe prädestiniert haben.
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.12. 2001)