Wien - 24 Jahre an der Spitze des ÖGB, 15 Jahre als
Präsident an der Spitze des Nationalrates - Anton Benya hat die
Geschicke der Zweiten Republik entscheidend mit gelenkt. Gemeinsam
mit Wirtschaftskammer-Präsident Rudolf Sallinger galt er als
Inbegriff der Sozialpartnerschaft. Aus der aktiven Politik hatte er
sich in den späten achtziger Jahren zurück gezogen, fand für seine
Kommentare zur Innenpolitik aber trotzdem weiterhin aufmerksame
Zuhörer. Seit der Wende zu Schwarz-Blau war er wiederholt als
scharfer Kritiker dieser Regierung aufgetreten. Als Präsident war er
aber auch für den österreichischen Rekordmeister Rapid tätig.
Benya wurde am 8. Oktober 1912 in Wien geboren, besuchte nach der
Pflichtschule die gewerbliche Fortbildungsschule und erlernte den
Beruf eines Elektromechanikers. Als Jugendvertrauensmann im Betrieb
und als Schriftführer in der Lehrlingssektion der
Metallarbeitergewerkschaft begann er seine Tätigkeit in der
Gewerkschaftsbewegung. Die Mitarbeit in einer illegalen
Betriebsgruppe der "Freien Gewerkschaft" trug ihm zwischen 1934 und
1937 zweimal politische Haftstrafen ein.
Karriere
Nach 1945 war Benya Betriebsratsobmann einer Wiener Radiofirma,
Obmannstellvertreter der Metallarbeiter-Ortsgruppe Ottakring-Hernals
und Mitglied des Zentralvorstandes der Gewerkschaft der Metall- und
Bergarbeiter. 1948 wurde er als Organisationssekretär in den
Gewerkschaftsbund berufen.
Von 1956 bis 1959 wirkte Benya als stellvertretender
Generalsekretär des ÖGB. 1959 wurde er Vizepräsident des ÖGB, 1962
bis 1977 war er Vorsitzender der Gewerkschaft Metall-Bergbau-Energie.
1963 folgte er Franz Olah an der Spitze des Gewerkschaftsbundes. In
dieser Funktion blieb er 24 Jahre, bis er 1987 von Fritz Verzetnitsch
abgelöst wurde.
1956 Nationalratsabgeordneter
Parallel dazu machte Benya Karriere im Parlament. Am 8. Juni 1956
wurde er als Abgeordneter der SPÖ in den Nationalrat gewählt, dem er
in der Folge ohne Unterbrechung mehr als 30 Jahre, bis zum 12.
Dezember 1986, angehörte. 15 Jahre hindurch - vom 4. November 1971
bis zu seinem Ausscheiden aus dem Hohen Haus 1986 - war er Präsident
des Nationalrates.
Als Gewerkschaftsboss hat Benya auch in den den
Auseinandersetzungen um die Kraftwerksprojekte Zwentendorf und
Hainburg ganz klar Stellung bezogen. Dass er als "Betonierer"
gescholten wurde, hat ihn in seiner Überzeugung für die friedliche
Nutzung der Kernenergie und für den den Kraftwerksbau in der Au nicht
umstimmen können.
Kritik an Schwarz-Blau
Die schwarz-blaue Regierung hat den früheren ÖGB- und
Nationalratspräsidenten wiederholt zu scharfer Kritik provoziert.
Immer wieder erinnerte er an die Zwischenkriegszeit, in der ihn seine
politische Überzeugung zwei Mal ins Gefängnis gebracht hatte. Zuletzt
sagte er am 6. Juli, als 50.000 Menschen mit dem ÖGB gegen die Reform
des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger demonstrierten: "Das,
was jetzt getan wird, hat sich schon vor 70 Jahren ereignet. Es wurde
Nacht über Österreich. Damals haben wir gesagt, wir kommen wieder.
Und wir sind gekommen."
Neben ÖGB und Nationalrat hat Benya aber auch zwei weitere
Präsidentenämter inne gehabt. Das des Konsum, der - wie er einräumte
- keines natürlichen Todes gestorben ist. Und das der Grün-Weißen aus
Hütteldorf: Beim SK Rapid führte er von 1990 bis 1993 als Präsident
die Geschäfte, danach wurde er zum Ehrenpräsidenten gewählt. In diese
Zeit fiel auch der letztlich gescheiterte Börsegang des
Traditionsvereins. Fußball - und Rapid - waren aber schon zuvor die
wichtigste Nebensache für den Präsidenten. Beobachter wollen im
Nationalrat nicht nur einmal die Stimmung des Vorsitz führenden
Präsidenten mit dem vortägigen Abschneiden seiner Grün-Weißen in
Zusammenhang gesehen haben. (APA)