Der Begriff "Umverteilung", ein Kampfwort der Sozialpolitik der Sechziger- und Siebzigerjahre, ist irgendwie aus der Mode gekommen. Er klingt seltsam marktfern, hat so wenig mit (neo)liberaler Wirtschaftsgesinnung zu tun. Diese Wahrnehmung steht in krassem Gegensatz zur gesellschaftlichen Realität. Natürlich braucht man Umverteilung, um die Bevölkerung halbwegs gleichmäßig an der wirtschaftlichen Entwicklung teilnehmen zu lassen. Diese Entwicklung hat viel mit Produktivitätsfortschritten zu tun. Diese sind in hochtechnisierten Industriebereichen eben höher als bei Straßenkehrern und Zugschaffnern oder bei Bauern (wo die Rationalisierungsreserven weitgehend ausgeschöpft sind). Gewerkschaften und Lobbys sorgen dafür, dass diese Gruppen dennoch am Fortschritt und Einkommenszuwachs beteiligt sind. Und sei es über mehr oder weniger versteckte Subventionen.

In keinem gesellschaftlichen Bereich wird allerdings so stark subventioniert und so selbstverständlich umverteilt wie bei den Pensionen: Die 67,7 Milliarden Schilling, die der Bund jährlich dem Pensionssystem zuschießt, übersteigen alles, was im Subventionsbericht steht. Das hochgepriesene Umlageverfahren, nach dem Sozialversicherungsbeiträge umgehend als Pensionen ausgezahlt werden, bringt nämlich nicht einmal vier von fünf Pensionsschillingen auf - der Rest ist Steuergeld.

Von diesem Steuergeld wird also die nun anstehende Pensionserhöhung bezahlt. Deshalb will die Regierung sie so knapp ausfallen lassen: Denn was immer die Pensionisten bekommen, wirkt als langfristiger Anspruch weiter. Andererseits: Was sie nicht bekommen, ist ein Abgehen vom gesellschaftlichen Konsens, dass zugunsten der Alten (die in unserer Vorstellung immer noch die Schwachen sind) umverteilt werden muss. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 29.11.2001)