Wien - Die Wohnrechtsnovelle 2002, die vergangene Woche vom
Nationalrat beschlossen worden ist, soll 3 bis 6 Mrd. S (bis zu 436
Mill. Euro) zusätzliche jährliche Bauinvestitionen bringen. Diese
Einschätzung äußerten ÖVP-Wohnbausprecher Walter Tancsits und
Wolfgang Amann, Geschäftsführer der "Forschungsgesellschaft Wohnen,
Bauen, Planen" bei einer Pressekonferenz am Mittwoch.
SP-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures wertete die wichtigste
Konjunkturmaßnahme des Pakets als "Mogelpackung".
Hintergrund der konjunkturpolitischen Diskussion um die Novelle
ist die triste, sich offenbar weiter verschlechternde Situation in
der Bauwirtschaft. Zur Jahresmitte 2001 ist der Wohnungsneubau um
mehr als 8 Prozent, die Sanierungstätigkeit gar um knapp 10 Prozent
gegenüber der Jahresmitte 2000 geschrumpft. Die nun verabschiedeten
Maßnahmen im Mietrechtsgesetz sowie im
Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) sollen nun die Nachfrage nach
Bauleistungen beleben.
Dachboden-Liberalisierung
Für Amann schlägt die in dem Paket verankerte Liberalisierung für
ausgebaute Dachböden mit einem jährlichen zusätzlichen Bauvolumen von
600 Mill. bis 1,2 Mrd. S zu Buche. Die Verpflichtung für die
gemeinnützigen Gesellschaften, ihre Reservekapital statt wie bisher
in fünf, künftig in drei Jahren bauwirksam einzusetzen, sei in den
nächsten drei Jahren mit jährlich 1 bis 2 Mrd. S an zusätzlichen
Investitionen anzusetzen.
Für den im Wesentlichen bereits 1994 ermöglichten Verkauf
gemeinnütziger Eigentumswohnungen an deren Mieter rechnet Amann mit
einem zusätzlichen Zufluss von 1 Mrd. S an die gemeinnützigen
Baugesellschaften - dies aber erst ab 2005. Nicht bezifferbar sind
für den Experten die zusätzlichen Effekte, die sich daraus ergeben
können, dass Wohnbaubanken mit den von ihnen aufgebrachten Mitteln
nicht nur Neubauten, sondern auch Sanierungen finanzieren dürfen.
"Wesentlicher wirtschaftlicher Impuls"
Er erwarte sich aus all diesen "vorsichtig geschätzten" Effekten
einen "wesentlichen wirtschaftlichen Impuls", unterstrich Tancsits,
der den derzeit als Konjunkturmaßnahme diskutierten zeitlich
begrenzten Investitionsfreibetrag für Bauaufträge nicht bewerten
wollte. "Sehr skeptisch" steht Tancsits den Forderungen der
Bauwirtschaft gegenüber, den Paragraph 18 des Mietrechtsgesetzes zu
ändern. Mit einer solchen Änderung könnten künftig Sanierungsarbeiten
leichter als bisher aus (befristet) erhöhten Mieten finanziert
werden.
SPÖ: Mogelpackung
SP-Bundesgschäftsführerin Doris Bures, auch Wohnbausprecherin
ihrer Partei bezeichnete die im neuen Wohnrecht enthaltenen Maßnahmen
zur Mobilisierung des gemeinnützigen "Reservekapitals" dagegen als
"Mogelpackung". "In den meisten Fällen haben die Gemeinnützigen gar
kein Reservekapital und jene, die über Kapital verfügen, investieren
ohnedies rasch wieder, sofern Wohnbauförderungsmittel zur Verfügung
stehen", argumentierte Bures. Die Vertragsfreiheit bei der Vermietung
von Dachböden sei "eine Falle für Mieter", die künftig weder ihre
Betriebskosten noch Investitionsablösen im Außerstreitverfahren
überprüfen lassen könnten. Und die Kaufmöglichkeit für gemeinnützige Mietwohnungen bestehe
bereits seit 1994. Durch die Wohnrechtsnovelle 2002 würden die
Kaufbedingungen eher verschlechtert, so dass sogar mit weniger Käufen
zu rechnen sei. (APA)