Brüssel - Das Europäische Parlament will sich gegen Versuche
der EU-Regierungen zur Wehr setzen, den geplanten Konvent für die
nächsten EU-Reformen zu verwässern. Der österreichische grüne
Abgeordnete Johannes Voggenhuber beklagte vor der Debatte über den
Parlamentsbericht zur Zukunft Europas am Mittwoch in Brüssel, dass
die Regierungen seit Monaten versuchten, den Konvent zu
"torpedieren". Der Konvent aus Vertretern der Regierungen, des
Europa-Parlaments, der nationalen Parlamente und der EU-Kommission,
der die nächste EU-Regierungskonferenz 2004 vorbereiten soll, muss
beim EU-Gipfel Mitte Dezember in Laeken formell beschlossen werden.
Nach Vorstellung der Mitgliedstaaten soll der Konvent lediglich
Optionen ausarbeiten, unter denen die Regierungschefs dann auswählen
könnten. Außerdem solle eine "Abkühlphase" von einem Dreiviertel Jahr
zwischen dem Abschluss des Konvents und der Einberufung der
Regierungskonferenz eingeschaltet werden. Damit werde das Gremium zu
einer "erweiterten Arbeitsgruppe" mit "demokratischer Alibi-Funktion"
herabgestuft, so Voggenhubers Kritik.
Vorsitzender vom Parlament gewählt
Das EU-Parlament dringt dagegen darauf, dem Konvent ähnlich wie
bei der Ausarbeitung der europäischen Grundrechtscharta weitgehend
die Vorarbeiten für die Regierungskonferenz zu übertragen. Mit dieser
neuen Arbeitsweise soll verhindert werden, dass Reformen von den
Regierungen hinter verschlossenen Türen beschlossen werden wie in der
Vergangenheit. Der Vorsitzende soll vom Parlament und nicht den
Regierungen gewählt werden.
Im Bericht der Europa-Abgeordneten Inigo Mendez de Vigo und Jo
Leinen wird mit Blick auf die Erweiterung gefordert, auch die ost-
und südeuropäischen Kandidatenländer in den Konvent einzubeziehen und
ihnen je eine Stimme zu geben. Der Konvent soll Ende 2003
abgeschlossen werden, rechtzeitig vor den Europawahlen im Juni 2004
und der ersten Erweiterungswelle, die frühestens im Frühjahr 2004
erwartet wird.
Wichtigstes Anliegen des Europa-Parlaments an das Konvent ist die
Weichenstellung für eine europäische Verfassung. Erster Schritt soll
die rechtsverbindliche Verankerung der Grundrechtscharta in den
EU-Vertrag sein. Voggenhuber begrüßte in diesem Zusammenhang die
jüngste deutsch-französische Initiative für eine europäische
Verfassung, der sich überraschend auch der britische Premier Tony
Blair angeschlossen hatte. Großbritannien war bisher entschiedenster
Gegner einer EU-Verfassung. (APA)