Kosovo
Kein Mordkomplott gegen Milosevic?
Vermeintlicher Ex-Agent: Amerikaner wollten damaligen jugoslawischen Präsidenten nur psychisch destabilisieren
Belgrad - Jugoslav Petrusic, der vor zwei Jahren wegen eines
angeblichen Mordkomplotts gegen den ehemaligen jugoslawischen
Präsidenten Slobodan Milosevic verhaftet wurde, hat erneut seine
Unschuld beteuert. Die Sache sei von den USA mit dem Ziel initiiert
worden, Milosevic und dessen Frau Mira Markovic "psychisch zu
destabilisieren und insbesondere Markovic zu überzeugen, dass jemand
ihren Mann umbringen will, um so ihren Bewegungsraum einzuschränken",
behauptete Petrusic in einem Interview in der neuesten Ausgabe der
Belgrader Wochenzeitschrift "Nedeljni telegraf".
Petrusic betonte, dass er nie Mitglied der Gruppe "Pauk" (Spinne)
gewesen sei. Auch seine vier Mitangeklagten, Milorad Pelemis,
Slobodan Orasanin, Branko Vlacko und Rade Petrovic hätten nichts mit
der Geschichte zu tun gehabt. Das Milosevic-Regime hatte die fünf
Personen im Jahr 1999 beschuldigt, im Auftrag des französischen
Geheimdienstes tätig gewesen zu sein und eine Verschwörung gegen
Milosevic geplant zu haben. Petrusic wurde schließlich zu einem Jahr
Haft verurteilt.
Der damalige jugoslawische Informationsminister Goran Matic hatte
dem französischen Geheimdienst vorgeworfen, in Jugoslawien an der
Liquidierung "unerwünschter Bürger" beteiligt zu sein und
paramilitärische Einheiten aus Kriminellen gebildet zu haben. Diese
hätten auch während der Bombenangriffe der NATO auf Serbien 1999 die
jugoslawische Armee im Kosovo unterwandert und Kriegsverbrechen
begangen. Außerdem warf Matic Petrusic vor, am Massaker von
Srebrenica, bei dem Tausende Moslems vertrieben und getötet wurden,
beteiligt gewesen zu sein.
Petrusic beteuerte in "Nedeljni telegraf", dass er "immer und
einzig in kämpferischen Aktivitäten" getötet habe. Belgrad habe sich
im Jahr 1999 "von vielen Sachen, die sich in Bosnien und im Kosovo
ereigneten reinigen" wollen. Und er sei der "ideale Täter" gewesen,
eine "ideale Kombination, die Panik in allen Reihen schafft".
Die offiziellen Stellen in Belgrad seien immer über seine
Aktivitäten informiert gewesen, sagte der ehemalige Profiboxer. Er
könne dies auch vor dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag
aussagen. Als Beispiel nannte er ein Waffengeschäft zwischen Belgrad
und dem ehemaligen Zaire. Über die jugoslawische Bundesdirektion für
Warenverkehr mit speziellem Zweck (SDPR) seien 430 Tonnen Waffen im
Wert von 32 Millionen Dollar an Zaire geliefert worden, für die im
Dayton-Abkommen die Vernichtung vorgesehen war. Er sei mit einer
Delegation der jugoslawischen Armee nach Zaire geflogen.
Heute, nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis, betrachtet sich
Petrusic als "toten Mann". Seine Identität sei bekannt, er werde
permanent beobachtet und sei "einer der am meisten verfolgten Männer"
in der Welt. Milosevic habe er bisher nur ein Mal persönlich
getroffen, würde ihn aber gern noch ein Mal sehen: "Ich wünsche, dass
wir uns noch ein Mal treffen. Und dass wir reden. Wenn auch in Den
Haag. Weder er noch ich existieren noch. Wir leben, aber wie wenn wir
nicht mehr wären. Es tut mir leid, dass solch ein Schicksal ein Mann
erlebt, der, obwohl er Fehler gemacht hat, dies aus Überzeugung
gemacht hat - zum Wohl seines Landes." Die Zeit und die Geschichte
würden jedenfalls zeigen, ob er im Recht gewesen sei, so Petrusic.(APA)