Das derzeit geltende Kartellrecht Österreichs hat mit der geplanten neuen Version eines gemeinsam: Es besteht im Kern nur aus vier mageren Paragraphen. §1: Eigentlich brauchen wir doch kein lästiges Kartellrecht. §2: Falls wider Erwarten doch einmal etwas unumgänglich zu entscheiden ist, muss der Wirtschaftsminister befragt werden. Der leitet die Anfrage an den Bundeskanzler weiter. §3: Der Bundeskanzler entscheidet nach Lust und Laune. §4: Störende Fakten sind unkenntlich zu machen. Die neue Variante soll nach Plänen von Wirtschaftsminister Bartenstein aus einem unabhängigen Kartellgericht und einer vorgelagerten Behörde bestehen. Experten kritisieren, dass hier zwar der Anschein der Unabhängigkeit erzeugt wird, die Behörde aber in Wahrheit die Entscheidungen des Gerichts lenken wird: Denn sie werde Grundlagen für die Urteile erarbeiten und könne entscheiden, ob sie das Gericht überhaupt befasst. Martin Bartensteins Versuch, die Behörde "weisungsfrei" zu stellen, wird vom Gericht abgeschmettert: Eine Behörde braucht in letzter Instanz auch einen Minister, der für sie verantwortlich zeichnet. Wäre es Bartenstein wirklich ernst mit einer Kartellbehörde, hätte er doch gleich ein Gericht mit allen Ressourcen einrichten können. Der Umweg über eine Behörde in seinem Haus enttarnt die Absichten. Wenn der Kandidat für die Leitung der Behörde, der renommierte Jurist Walter Barfuß, meint, der zukünftige Chef müsse halt ein starkes Rückrat haben, spricht das für sich. Besser als ein starkes Rückrat wäre ein starkes Gesetz. Was aber nicht im Sinn der Politik ist, haben die letzten Entscheidungen bewiesen. Wer eine Fusion von Magazinen mit zusammen 100 Prozent Marktanteil zulässt, hat andere Vorstellungen von einem Kartell als der Rest der Welt. (DER STANDARD, Printausgabe 24.11.2001)