Andreas Felber

Wien - Der Name wirkt provokant. Denn sein Urheber und Widmungsträger, von Natur aus ein unlustiger Zeitgenosse, lächelte so gut wie nie. Auch im Miles Smiles, das seinen Namen einst der berühmten Miles-Davis-LP entlehnte, nicht, wiewohl dies sozusagen beruflich bedingt ist: Dort klebt der verstorbene "Dark Magus" als Pappkamerad an der Wand, die Trompete arbeitsam an die Lippen gesetzt.

Miles Smiles. Für die Räumlichkeit in der Lange Gasse 51 ist der Name indessen Programm. Strahlt sie doch, gerade einem halben Dutzend Tische Platz bietend, entspannte Liebenswürdigkeit und Intimität aus. "Das Jazz-Wohnzimmer von Wien", bringt Christoph Prisching das auf den Punkt, was hier atmosphärisch in der rauchgeschwängerten Luft liegt. Prisching, an sich bildender Künstler und Grafiker, war Stammgast der ersten Stunde. Damals, als im Oktober 1981 Eberhard Weber im Duo mit einem unbekannten Gitarrentalent namens Bill Frisell das erste Konzert im kleinen neuen Etablissement bestritt.

Acht Jahre später übernahm Prisching gemeinsam mit dem Tontechniker Harald Seebacher selbst die Leitung des Lokals, um es im bisherigen Sinn weiterzuführen. "Wenn man nur ein, zwei Konzerte im Monat macht, kann man sehr selektiv sein", sagt er. "Sehr gute Musiker spielen hier für sehr wenig Geld. Ich musste noch nie mit jemandem über die Gage streiten."

Zumeist Soli

Die Liste der Magnifizenzen, die das Miles Smiles - aus nahe liegenden Gründen zumeist solo oder in Kleinformation - bereits beherbergte, ist naturgemäß lang. Weshalb sie auf den Hinweis, dass erst im Oktober 2001 Michel Portal hier Station machte, und auf eine persönliche Erinnerung beschränkt sei: Das eindrucksvolle Solo-Konzert des ostdeutschen Posaunisten Johannes Bauer blieb auch durch die verblüffende Erkenntnis im Gedächtnis haften, dass eine 50-köpfige Besuchermasse eine Lokalität dieser Ausmaße gleichsam ansatzlos in eine veritable Jazz-Sauna zu verwandeln imstande ist.

Hitzige Wallungen können einen auch beim Genuss von Wiens bester "hinterindischer Erdäpfelsuppe" überkommen, die mit manch anderen Imbissen die Speisekarte schmückt. Was das Miles Smiles sonst noch zu bieten hat? Eine kleine Bibliothek an Jazzbüchern und -zeitschriften, rund 1600 Tonträger "von Charlie Parker aufwärts" bis in die Gefilde von Ethno, Rock und Punk reichend, die auf Wunsch gerne aufgelegt werden.

Vor allem aber: sich selbst. Wiens kleinster Jazzclub ist auch sein gemütlichster. Ein Raum zum Wohlfühlen, den man gerne 20 weitere Jahre lächeln sehen möchte. (DER STANDARD, Sa./So., 24./25.11.2001)