Wien - Trotz "Abschwächung" der Konjunktur braucht die Industrie signifikant mehr Frauen in IT-Berufen, um den mittelfristigen Bedarf decken zu können. "Uns ist bewusst, dass wir in der Schule anfangen müssen", stellt Lorenz Fritz, Generalsekretär der Industriellenvereinigung fest. Er ließ eine eigene Homepage ( www.industriekarriere.at ) ins Internet stellen, die den Mädchen Lust auf Technik machen soll. Neben Infos enthält sie auch einen Test. "Mehr Frauen bedeutet aber auch, später einmal mehr Beiträge zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie aufbringen zu müssen", will Fritz den Unternehmen nichts vormachen. Er ist überzeugt, dass Firmen lieber in Frauen investieren, "als Marktchancen sausen" zu lassen. "In Italien sind 40 Prozent der IT-Fachleute weiblich", zeigt Monika Kircher-Kohl, Finanzdirektorin bei Infineon, heimischen Nachholbedarf auf. Hierzulande gibt's nur 8,8 Prozent Technikerinnen. Selbst in Bulgarien und Griechenland ist die technische Frauenpower schon viel stärker. Ein echter Nachteil, denn "die Zukunft des Industriestandortes Österreich entscheidet sich ausschließlich über neue Technologien". Die Industrie müsse an allen Lehrformen mitwirken, Vorbilder schaffen und schauen, dass sich die weiblichen Technikerinnen auch halten könne, meint Kircher-Kohl, die schon als Politikerin bewusst auch Mädchen förderte. "Jedes Mittel recht" Wiens erster weiblichen Schulpräsidentin, Susanne Brandsteidl, ist "jedes Mittel recht", um mehr Frauen in die Technik zu bringen. Gute Erfahrungen machte die HTL Ottakring, wo ein eigener Coach die wenigen Mädchen stärkt. "Direktorin dieser HTL ist Karin Lechner." Dass eine Frau an der Spitze stehe, habe Vorbildwirkung und schaffe Vertrauen. In der Unterstufe sei es jetzt schon möglich, Mädchen und Buben in Mathematik und Physik zu trennen. Diese "gesellschaftssensible Pädagogik" mache den Mädchen sichtlich mehr Mut, technische Schulen zu wählen. Als Nächstes hat die Industriellenvereinigung im Rahmen ihrer im Frühjahr gestarteten Initiative "Die Industrie ist weiblich" die Eltern im Visier. "Möglicherweise wäre es eine gute Möglichkeit, die Väter zu sensibilisieren", meint Brandsteidl. Laut Studie der Grazer TU sind es gerade die Papis, die oft die Weichen für ihre Töchter stellen. (lyn, DER STANDARD, Printausgabe 24.11.2001)