Inland
"Man darf nicht alle Alten raushauen"
Häupls Verjüngungsvorschlag sorgt für Diskussionen
Wien - "Erfahrung darf nicht
schädlich sein", sagt der SPÖ-Abgeordnete Anton Gaál. "Es
kommt auf die Dynamik der
Persönlichkeit an", meint der
61-Jährige zum Vorschlag des
Wiener Bürgermeisters Michael Häupl, den Parlamentsklub der SPÖ zu verjüngen.
"Der Geburtsschein alleine ist
zu wenig." Gaál plädiert für
ein "Miteinander der jungen
Engagierten und der alten Erfahrenen". Unter dieser Voraussetzung sei Häupls Vorschlag "durchaus vernünftig".
"Der Parteivorsitzende
muss etwas verändern", meint
Arnold "Noldi" Grabner, 62
Jahre alt und seit 20 Jahren für
die SPÖ im Parlament. Er
selbst wird mit Jahresende
sein Mandat zurücklegen, ihm
soll Peter Wittmann als Abgeordneter nachfolgen. Wenn
Alfred Gusenbauer sage, "da
brauch ma einen Jüngeren",
dann sehe er das ein. "Alle Alten darf man aber nicht raushauen", warnt Grabner.
Verjüngung notwendig
Er selbst gehe freiwillig.
"Ich komm’ ja direkt vom
Wahlkreis, da könnt’ die Partei
auch gar nichts machen." Dass
Jüngere ins Parlament nachrücken müssten, sei aber klar,
eine "Verjüngung" notwendig.
"Wir sind jetzt in Opposition",
sagt Grabner, "der eine oder
andere" seiner Fraktionskollegen habe sich noch nicht auf
die neue Rolle im Parlament
einstellen können.
Eine besondere Rolle hat
Sonja Ablinger (35) im Parlament gespielt. Sie war 1996
mit 30 Jahren die jüngste Abgeordnete der SPÖ und zugleich die jüngste Frau, die
bisher in das Parlament gewählt wurde. 1999 verlor sie
ihren Sitz wieder. Ablinger
erinnert sich an "das Killerargument schlechthin", das sie
oft von langgedienten Abgeordneten zu hören bekam:
"Meine Erfahrung sagt
mir ..." Damit seien viele
neue Ideen der jungen Abgeordneten von vornherein als
aussichtslos verworfen worden. Erfahrung, so Ablinger,
werde aber in einer schnelllebigen Welt weniger wichtig,
wenn auch nicht ganz vernachlässigbar.
Junge an der Macht
Im 3500-Einwohner-Ort
Eberschwang im oberösterreichischen Bezirk Ried im
Innkreis sind indes bereits die
Jungen an der Macht. Jünger
dürfte es kaum noch gehen.
Dem 37-jährige SPÖ-Bürgermeister Josef Bleckenwegner
steht mit Martin Bögl ein erst
26-jähriger Vize zur Seite. Anfangs skeptisch beäugt nach
dem Motto "Was will denn die
Buberlpartie", gebe es jetzt, so
Bleckenwegner, keine Akzeptanzprobleme mehr.
Die klassische Parteikarriere, die mit der Betreuung eines
Plakatständers beginne, müsse jedenfalls aufgebrochen
werden, meint der Bürgermeister. (nim, völ/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.11.2001)