Wien - Justizminister Dieter Böhmdorfer (F) drängte Montag Abend auf eine "klare, in Österreich akkordierte Linie" zur Frage des EU-Haftbefehls und damit der - bisher verfassungsgesetzlich verbotenen - Auslieferung österreichischer Staatsbürger an andere Staaten. Bis zum EU-Justizministerrat am 6. Dezember müsse eine solche Linie gefunden werden. Für eine Änderung des im Paragrafen 12 Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz verfassungsrechtlich abgesicherten Verbotes der Auslieferung österreichischer Staatsbürger bräuchte die Koalition auch die Zustimmung der SPÖ. Böhmdorfer hat Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (F) in einem Schreiben auf das Problem aufmerksam gemacht; er will die Sache auch auf parlamentarischer Ebene diskutieren. "Jahrhundertelange Prinzipien" Allzu große Begeisterung für eine generelle Aufhebung des Auslieferungsverbotes zeigte der Minister in einem Vortrag im VBSA-Forum nicht. Problematisch sei die Sache vor allem dann, wenn es um die Auslieferung wegen eines in Österreich nicht strafbaren Tatbestandes geht. "Dann müssten wir auf Ersuchen eines fremden Staates eine Person suchen, verhaften und ausliefern, ohne dass nach unserer Auffassung diese Person eine strafbare Handlung gesetzt hat". "Das muss man jahrzehnte-, jahrhundertelange Prinzipien überdenken", so Böhmdorfer. Allgemein konstatierte Böhmdorfer "großen Änderungsdruck" aus der EU. Dass es in dieser Legislaturperiode bereits 140 Novellen gegeben habe, liege nicht an einer "Regelungswut" der Regierung, sondern an der Notwendigkeit, EU-Richtlinien umzusetzen. Das könne z.B. im Strafrecht auch dazu führen, dass "die eigene Bevölkerung nicht mehr das richtige Fingerspitzengefühl für die Rechtsordnung hat, weil das nicht mehr ihr Recht ist". Schließlich sei früher gerade das Strafrecht weitgehend nur entsprechenden den "gesellschaftlichen Bedürfnissen" geändert worden. (APA)