Mehr als ein Jahr ist es her, als uns der ehemalige FPÖ-Gewerkschafter Josef Kleindienst einen tiefen Einblick in polizeiliches Handeln und Treiben verschaffte. Sexaffären, Trunkenheit, Drogen, gewalttätige Übergriffe, Bestechlichkeit. Kleindienst, der als Polizist einst der FPÖ zu Diensten stand, hatte in einem Buch mit einem wohl unerquicklichen Kapitel seines Lebens abgeschlossen. Und uns damit auch die Spitzelaffäre beschert. Polizisten sollen gegen Bezahlung vertrauliche Informationen beschafft und an Politiker weitergegeben haben.

Ein Jahr danach dümpelt ein Verfahren dahin, das nicht nur auf die Involvierten, sondern auch auf die Justiz selbst ein schlechtes Licht wirft. Von den zentralen Faktenkreisen ist kaum etwas übrig geblieben, ermittelt wird nur noch an belanglosen Nebenfronten. Das mag auch daran liegen, dass die weisungsgebundene Staatsanwaltschaft und nicht der unabhängige Untersuchungsrichter Herr des Verfahrens ist.

Diesen Vorwurf muss sich Justizminister Dieter Böhmdorfer gefallen lassen: An ihm wäre es gelegen, die Untersuchung einer unabhängigen Instanz zu überantworten. Was bei einem Verfahren dieses Ausmaßes auch die durchaus übliche Vorgangsweise gewesen wäre. So aber behielt er stets Kontrolle über ein Verfahren, in dem auch gegen seinen guten Freund Jörg Haider und andere Gesinnungsfreunde ermittelt wurde.

"Die Spitzelaffäre ist tot", resignierte Kleindienst am Montag nach seiner Zeugenaussage bei Gericht. Ob und gegen wen Anklage erhoben wird, hat jetzt der Staatsanwalt zu entscheiden. Das gute alte Motto, nach dem man sich in Wien nach Unebenheiten in einer Auseinandersetzung gerne arrangiert, dürfte aber auch hier gelten: "Sag' ma, es war nix." (DER STANDARD, Print- Ausgabe, 20.11.2001)