Zagreb/Belgrad/Wien – Vukovar gilt auch heute noch für die Mehrheit der Kroaten als Symbol des "Vaterländischen Krieges" (1991-1995). Im kollektiven Bewusstsein der kroatischen Bevölkerung wurde die ostkroatische Stadt zu einer Art Stalingrad, nachdem am 18. November 1991 nach wochenlangen heftigen Kämpfen kroatische Einheiten die Stadt gegen den militärisch übermächtigen Gegner, die Jugoslawische Volksarmee (JNA) und freiwillige serbische Milizen, aufgaben. Der 18. November gilt in Kroatien als "Tag der Erinnerung an die Opfer Vukovars 1991".

"Schlacht um Vukovar"

Nachdem Kroatien am 25. Juni 1991 die Unabhängigkeit von der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (SFRJ) proklamierte, kam es bald zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Den ersten grausamen und blutigen Höhepunkt erreichte der Krieg in der "Schlacht um Vukovar", die Ende August 1991 begann, nachdem starke Einheiten der JNA und paramilitärische serbische Truppen die Stadt umzingelten. Laut kroatischen Quellen sollen bis zu 40.000 serbische Soldaten Vukovar angegriffen haben, nach UNO-Angaben standen am Höhepunkt des Krieges um Vukovar 10.000 Serben unter Waffen.

Ein erster konkreter Versuch der Eroberung Vukovars durch serbische Einheiten wurde Mitte September vereitelt und die "kroatischen Helden" sollen allein in dieser Phase 130 Panzer der JNA zerstört und dem Gegner große Verluste zugefügt haben, berichtete die kroatische Nachrichtenagentur Hina. Danach hätten serbische Einheiten begonnen, die Stadt "Tag und Nacht" zu bombardieren und Vukovar wurde dem Erdboden gleich gemacht.

18. November 1991 ergaben sich kroatische Einheiten

Am 18. November 1991 gaben schließlich die damals noch nicht gut ausgerüsteten und ausgebildeten kroatischen Truppen die völlig zerstörte Stadt auf. Die Stadt blieb bis November 1995 unter serbischer Kontrolle, bis sich schließlich die abtrünnigen Serben in Ostslawonien mit Zagreb über ein Grundsatzabkommen zur Wiedereingliederung dieses Gebietes in das kroatische Staatsgebiet einigten.

Insgesamt sollen in den Kämpfen um Vukovar 1700 kroatische Soldaten und Zivilisten ermordet, 22.000 Kroaten vertrieben und etwa 8.000 in serbischen Lagern und Gefängnissen inhaftiert worden seien, berichtete Hina. 760 Bürger Vukovars gelten noch immer als vermisst und die materiellen Schäden sind bis heute verheerend. Nach kroatischen Angaben sollen auf serbischer Seite sogar 10.000 bis 15.000 Soldaten gefallen sein, während serbische Quellen in Kroatien von etwa 1.200 getöteten serbischen Soldaten, Freiwilligen und Zivilisten sprechen.

"Gedenkfeieren"

Während in Kroatien der "heldenhaften Verteidigung" und der Opfer Vukovars gedacht wird, betrachtet auch heute noch eine Mehrheit der serbischen Bevölkerung den 18. November 1991 als Tag, an dem die JNA Vukovar "befreite". Nach serbischer Version haben kroatische Einheiten, noch bevor die JNA mit der Belagerung der Stadt begann, Verbrechen gegen die serbische Bevölkerung in und um Vukovar begangen. Vom UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag wurden mittlerweile die serbischen Offiziere Mile Mirksic, Veselin Sljivancanin und Miroslav Radic wegen den Ereignissen in Vukovar als Kriegsverbrecher angeklagt.

Sie werden unter anderem beschuldigt, für den Mord von 260 Kroaten verantwortlich zu sein, die nach der Einnahme Vukovars durch serbische Einheiten aus einem Krankenhaus abtransportiert und auf einem Landgut in Ovcara in der Nähe Vukovars ermordet wurden. Die drei Offiziere befinden sich noch auf freiem Fuß und werden in Jugoslawien vermutet.

"Das Leiden von Vukovar

Die Gedenkfeiern in Vukovar haben bereits am Samstag begonnen und werden bis Dienstag andauern. Unter anderem gibt es zwei Ausstellungen ("Vukovar 1991-2001" und "Erinnerungen an den Vaterländischen Krieg"), ein Konzert und am Sonntag soll vom Krankenhaus bis zur Gedenkstätte der Kriegsopfer eine "Kolonne der Erinnerung" gebildet werden. Der kroatische Präsident Stjepan Mesic, Ministerpräsident Ivica Racan und Parlamentspräsident Zlatko Tomic sollen gemeinsam einen Staatskranz zum Gedenken an die Opfer niederlegen. Zudem haben Racan und der amtierende Bürgermeister Vukovars, Vladimir Stengl, alle kroatischen Bürger aufgerufen, in ihren Städten Kerzen anzuzünden, um so ihrer "Trauer, Dankbarkeit und Solidarität" für die Opfer Vukovars und das Leiden der Stadt Ausdruck zu verleihen.

Der Vizepräsident der Selbständigen Demokratischen Serbischen Partei (SDSS) in Kroatien, Milos Vojnovic, betonte, dass alle Kriegsverbrecher unabhängig von der Nationalität zur Verantwortung gezogen werden müssten. Die serbische Gemeinschaft in Vukovar wäre auch bereit gewesen, den Jahrestag gemeinsam mit den Kroaten zu begehen und einen Kompromiss zu finden, um die "Interessen der Kroaten und Serben zufrieden zu stellen".

Allerdings wären die regierenden kroatischen Parteien in Vukovar (HDZ, HSP und DC) nicht einmal zu Gesprächen bereit gewesen, so Vojnovic. "Alle Opfer verdienen, dass ihnen in diesen Tagen die Ehre erwiesen wird", betonte Vojnovic, fügte allerdings zugleich hinzu, dass die ethnischen Beziehungen in Vukovar, wo heute etwa 11.000 Kroaten und annähernd so viele Serben leben, "auf dem niedrigsten Niveau seit dem Beginn der friedlichen Reintegration" seien. (APA)