International
US- Experten: "Bin Laden soll enden wie Hitler im Bunker"
Juristen erwägen Vor- und Nachteile eines öffentlichen Prozesses für den Islamistenführer
Washington - Was geschieht
mit Osama Bin Laden, sollte er
in Afghanistan ergriffen werden? Nach dem Fall von Kabul
ist in den USA die Hoffnung
gewachsen, den Staatsfeind
Nummer eins endlich aufzuspüren. Bin Laden habe nun
weniger Raum, sich zu verstecken, da sein Netzwerk al-Qa'ida und die Taliban in ein
kleineres Gebiet im Süden Afghanistans gedrängt seien,
hieß es in Regierungskreisen.Verfahren würde zum Medienspektakel
US-Präsident George W.
Bush unterzeichnete am
Dienstag eine Verordnung, die
es erlaubt, mutmaßliche ausländische Terroristen durch
Militärtribunale beschleunigt
abzuurteilen. Doch selbst so
wäre nach Meinung mancher
Experten das Risiko nicht ausgeschlossen, dass ein Verfahren zum Medienspektakel
würde und neue Anschläge
geradezu provozierte.
"Besser tot als lebendig"
Der regierungsnahe Experte
Ted Galen Carpenter vom Cato-Institut in Washington sähe
es deshalb am liebsten, wenn
die von Bush kurz nach dem
11. September aufgestellte Alternative Bin Laden - tot oder
lebendig auf eine Option reduziert würde: Es wäre besser, ihn tot zu bekommen.
Und am besten wäre es laut
Carpenter, wenn Bin Laden
selbst dafür sorgte, dass er
nicht lebendig in die Hände
der Amerikaner geriete - also
ein Ende wie Hitler in seinem
Bunker.
Ein Sicherheitsrisiko
Die US-Regierung stellt sich
hingegen auf ein mögliches
Verfahren gegen Bin Laden
ein. Die von Bush unterzeichnete Verordnung zu den Militärtribunalen zielt darauf ab,
die Sicherheitsrisiken bei einem solchen Prozess einzuschränken. Das vorgesehene
Militärverfahren könnte zügig
abgewickelt werden, da die
Vorlage von Beweisen an weniger strikte Regeln geknüpft
und den Angeklagten das
Recht auf eine Berufung ge
nommen wäre.
Der Prozess
könnte auch außerhalb der
USA - etwa in Afghanistan
oder Pakistan - stattfinden. Von Vorschlägen, Bin Laden vor ein internationales
Gericht nach dem Vorbild der
Tribunale für Bosnien und
Ruanda zu stellen, hält die
US-Regierung anscheinend
nichts. Dies würde große praktische Probleme etwa beim
Austausch von Ermittlungsergebnissen und der Auswahl
der Richter aufwerfen, sagt
Ruth Wedgwood, Expertin für
Internationales Recht an der
Yale University.
Kein Forum für Bin Laden
Ein internationales Tribunal würde Bin
Laden auch geradezu ein Forum bieten, warnte Carpenter
vom Cato-Institut.
Ein Taliban-Sprecher sagte
am Donnerstag der Agentur
AIP, Bin Laden werde lieber
sterben, als sich von den USA
festnehmen lassen. (DER STANDARD, Print- Ausgabe, 16.11.2001)