Deutschland
Schily für rasche Umsetzung des zweiten Anti-Terror-Pakets
Innenminister verteidigt mühsam ausgehandleten Kompromiss
Berlin - Der deutsche Innenminister Otto Schily
(SPD) hat den Bundestag zu einer schnellen Verabschiedung des zweiten
Anti-Terror-Pakets aufgefordert. Bei der ersten Lesung am Donnerstag
im Parlament bekräftigte Schily seinen Wunsch, die neuen Gesetze bis
Ende des Jahres unter Dach und Fach zu bringen. Er verteidigte den
vor knapp drei Wochen mühsam ausgehandelten Kompromiss der rot-grünen
Koalition. Die vom den Grünen durchgesetzten Änderungen seien
"Marginalien".
Schily rechtfertigte die geplanten Maßnahmen mit Hinweis auf den
11. September. "Wir haben es mit einer Dimension der Gefahr zu tun,
die unser bisheriges Vorstellungsvermögen übersteigt", sagte er. Das
Gesetzespaket solle dazu beitragen, solche Gefahren künftig erkennen
und Anschläge verhindern zu können. Dazu müsse es beispielsweise
ermöglicht werden, aus Reisebewegungen und Finanztransaktionen
Profile möglicher Täter erstellen zu können.
Die Debatte im Bundestag drehte sich insbesondere um den
Fingerabdruck im Pass. Von Unionsseite wurde kritisiert, dass dafür
nicht sofort die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Auf
Drängen der Grünen hatte Schily auf diese Festschreibung verzichtet;
grundsätzlich ist aber die Aufnahme so genannter biometrischer
Merkmale in Ausweise geplant.
Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach kritisierte die
Zugeständnisse insbesondere beim Fingerabdruck im Pass und beim
Ausländerrecht. Es handele sich um einen "Kompromiss zu Gunsten der
Koalition und zu Lasten des Bürgers", sagte er. Kritik an einer
zentralen Referenzdatei kam vom Datenschutzbeauftragten der
Bundesregierung. Bemängelt wurde von der Union auch der
ausländerrechtliche Teil des Sicherheitspaketes. Die geplanten
Maßnahmen würden weder die Einreise von Terroristen nach Deutschland
verhindern noch ihre Abschiebung erleichtern, sagte CDU-Innenexperte
Erwin Marschewski. Trotz der Kritik will die Union ebenso wie die FDP
zumindest in Teilen für das Paket votieren. Erforderlich ist auch die
Zustimmung des Bundesrats.
Die Grünen unterstrichen in der Debatte, dass sie in den
Koalitionsverhandlungen eine Reihe von Zugeständnissen erreicht
hätten. So sei nun nicht mehr vorgesehen, dass das Bundeskriminalamt
ohne konkreten Anfangsverdacht ermitteln darf. SPD-Innenexperte
Dieter Wiefelspütz lobte das Sicherheitspaket als das umfassendste
Verbrechensbekämpfungsgesetz, das jemals eine Bundesregierung auf den
Weg gebracht habe. Die FDP kritisierte, der Zeitplan für die
Verabschiedung des Gesetzes sei zu knapp für sorgfältige
parlamentarische Beratungen. Die PDS lehnte das Sicherheitspaket ab,
weil es einen Griff in die rechtsstaatliche "Mottenkiste" bedeute.
Schily und die Grünen hatten sich am 27. Oktober nach fast
30-stündigen Verhandlungen auf das Sicherheitspaket verständigt. Es
sieht unter anderem vor, den Datenaustausch zwischen den
Sicherheitsbehörden zu erleichtern und Kontrollen von Mitarbeitern
beispielsweise in Flughäfen, Kernkraftwerken und Energieversorgern zu
verstärken. Für Sicherheit an Bord von Flugzeugen sollen bewaffnete
BGS-Beamte - so genannte Sky Marshals - sorgen.(APA/Reuters)