Nun ist es fix: Telecom Italia (TI) wird sich zur Gänze aus Österreich zurückziehen. Es soll, so der Plan von TI-Präsident und Pirelli-Chef Marco Tronchetti Provera, nicht nur der 29,8-Prozent-Anteil an der Telekom Austria (TA), sondern auch deren "Cash-Cow" Mobilkom Austria (A1) veräußert werden. Laut der Telekom Italia nahe stehenden Kreisen in Mailand ist nicht auszuschließen, dass Mobilkom verkauft wird. Dem Vernehmen nach haben die Investmentbanker von J.P. Morgan bereits dementsprechende Verhandlungen aufgenommen. Bisher war man stets davon ausgegangen, dass TI ihre Sperrminorität (25 Prozent plus eine Aktie), die sie über ihre Handytochter TIM an der hochprofitablen Mobilkom hält, eher ausbauen, keinesfalls aber abgeben werde. Auch ÖIAG-Vorstand Peter Michaelis rechnet mit einem vollständigen Abzug: "Das Signal geht eindeutig in Richtung Rückzug aus Österreich." Klare Cash-Gesichtspunkte Die am Dienstag veröffentlichten Neunmonatszahlen zeigen deutlich, dass bei der TI-Olivetti-Gruppe derzeit klare Cash-Gesichtspunkte im Vordergrund stehen: Der Nettoverlust stieg auf 328 Mio. €(4,51 Mrd. S). Zudem verursachten allein die Auslandsbeteiligungen einmalige außerordentliche Abschreibungen in Höhe von 1,6 Mrd. €. Insgesamt will der TI-Chef mit Verkäufen binnen 24 Monaten sechs Mrd. € lukrieren und damit die Olivetti-Schulden auf 11,5 Mrd. € reduzieren. Klargestellt dürfte angesichts dieser erdrückenden Schuldenlast auch sein, dass TIM, die TI zu rund 60 Prozent gehört, ihr Mobilfunkengagement in Europa nicht weiter ausbauen wird. In den Funksignalen aus der TIM-Zentrale ist denn auch die Enttäuschung deutlich hörbar: "Wir machen alles, was Tronchetti Provera will", heißt es. Ursprünglich wollte TIM-Chef Marco de Benedetti die Handy_sparte "zur Seele von Telecom Italia" machen und einen internationalen Mobilfunkkonzern aufbauen. Davon dürfte nur der Inlandsmarkt in Italien, Griechenland und Südamerika übrig bleiben, denn auch in Frankreich und der Türkei ist Rückzug angesagt. Mit der Mobilkom gibt Telecom Italia übrigens auch florierende Funkkontakte in Südosteuropa ab: A1 ist mit 66 Prozent an der kroatischen VIPnet beteiligt und hält indirekt rund 60 Prozent an Si.mobil in Slowenien. Hundert Prozent hält Mobilkom übrigens an Mobilkom Liechtenstein. Durchblick gesucht In der ÖIAG, die 47,8 Prozent an der TA hält, hofft man, dass bis Jahresende zumindest von konzeptioneller Seite her klar ist, wie die überaus enge Verbindung mit TI gelöst werden könnte. Abseits der regelmäßigen Syndikatssitzungen werden TI und ÖIAG in getrennten Arbeitsgruppen an Ausstiegsszenarien tüfteln. Das notwendige Know-how für Firmenverkäufe soll von externen Beratern kommen. Bis dahin sollte übrigens auch die Regierung ihre Hausaufgaben machen, sprich das Postbetriebsverfassungsgesetz ändern. Dieses für die Personalvertretung relevante Gesetz sieht vor, dass die Republik ein Viertel der TA besitzen muss. Das Poststrukturgesetz erlaubt hingegen eine Totalprivatisierung. (Luise Ungerboeck, Thesy Kness-Bastaroli, DER STANDARD, Printausgabe 14.11.2001)