Die größten Hindernisse bei der geplanten EU-Erweiterung liegen nicht beim Abschluss von Vereinbarungen zu einzelnen Politikbereichen, sondern bei der konkreten Umsetzung von Gemeinschaftsrecht in den Kandidatenländern. In den Verwaltungsstrukturen, bei der Korruptionsbekämpfung, im Gerichtswesen der meisten Staaten gäbe es große Mängel. Dies stellt die EU-Kommission in ihrem am Dienstag von Erweiterungskommissar Günter Verheugen im Europäischen Parlament in Straßburg präsentierten Jahreszwischenbericht 2001 fest.

Die Kommission verabschiedete daher einen "Aktionsplan" zur Verbesserung der Bürokratie, Der soll innerhalb eines Jahres in den Bewerberländern Expertenberatungen, Investitionspläne und Trainings verstärkt fördern. Dieser Aktionsplan wird mit einer Milliarde Euro, umgerechnet 13,76 Milliarden Schilling dotiert.

Resümee in Sevilla

Bereits in einem halben Jahr soll beim EU-Gipfel von Sevilla resümiert werden, wie die Kandidatenländer diese Umsetzungshilfe angenommen haben. Schließlich werde die EU-Kommission Ende 2002 einen weiteren Beitrittsbericht vorlegen, in dem dann jene Länder konkret genannt werden sollen, die bereit sind der Gemeinschaft ab 2004 beizutreten und an den EU-Wahlen im Juni dieses Jahres bereits teilzunehmen.

Das mit Spannung erwartete jüngste "Zeugnis" aus Brüssel lässt eine klare Bewertung vermissen, welche Länder die besten Chancen haben, dieser ersten Erweiterungsrunde 2004 anzugehören. Für Ungarn, Tschechien und Slowenien ließe sich ein Lob für die Anstrengungen herauslesen. Für Polen hingegen wird die Warnung angedeutet, dass die neue Regierung sich wird anstrengen müssen, will sie den Zug nicht verpassen (siehe weiteren Bericht).

Zehn Neue

In einem Punkt aber ist die Kommission klar: Von zwölf Ländern, die bereits verhandeln, haben Bulgarien und Rumänien keine Chance auf frühe Aufnahme. Aber alle übrigen zehn Länder können es schaffen. Elmar Brok (CDU), Vorsitzender des Außenpolitischen Ausschusses in Straßburg, sagte vor Journalisten, für ihn stehe nun fest, dass es 2004 zum "big bang", der gleichzeitigen Aufnahme von zehn EU-Mitgliedern kommen werde.

(DER STANDARD, Printausgabe, 14.11.2001)