Wels - Eine Wurzelbehandlung zählt zu den unangenehmsten Dingen, die sich der Mensch gegen seinesgleichen ausgedacht hat. Allerdings ist sie letztlich für etwas gut. Sie tut zwar wie die Hölle weh, aber der Dreck muss raus. Danach fühlt man sich frei.
Laut und derb
Ihm eilt der Ruf voraus, gemeinhin das zu verkörpern, was man sich vor der uneingeschränkten Solidarität mit den USA als Ugly American vorzustellen hatte: Steve Albini ist laut, derb, geschmacklos - und er ist zynisch bis zum Anschlag. Natürlich stellt sich dann heraus, dass er privat der umgänglichste Mensch überhaupt ist. Aber egal.
Es setzte "Sounds Of Impact", ein Livealbum, das auf dem Cover die letzten Dialoge zwischen Piloten von abstürzenden Passagiermaschinen und der Flugsicherung abgedruckt hatte - und es setzte neben live an den Gitarren blutig gerissenen Händen schließlich das Album "Songs About Fucking". Dazu muss man sagen, Albinis Kunst ist gemeinhin eher für junge männliche Vandalen als für Frauen gedacht.
Danach verlegte sich Albini zunehmend auf die Produktion von Alternative-Größen wie den Pixies oder eben Nirvana und gründete nebenbei die Formation Rapeman. Ebenfalls in Triobesetzung, allerdings von da an mit Schlagzeuger, führte Albini hier weniger die Brutalität von Big Black fort, als er sich als politisch selbstverständlich unkorrekte Neudeutung von ZZ Top und ihrem Texas Boogie in Szene setzte.
Mit seiner derzeitigen Formation Shellac, die mit Bassist Bob Weston und Schlagzeuger Todd Trainer die derzeit beste und härteste Rhythmusgruppe im Rock bietet, verdichtet Albini, der heute Musik bewusst nur mehr als Hobby betreibt, die alten Qualitäten zu präzisem Rudimentär-Rock, der dem Welser Publikum nach drei Tagen freierer Improvisation im "Jazz"-Bereich am Sonntag ordentlich die Ohren durchputzte.