Wien - Richter Friedrich Forsthuber verliert allmählich die Geduld. Zum wiederholten Male unternahm er am Montag im Wiener Landesgericht den Versuch, einen Prozess gegen den Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider zu starten, nachdem der Präsident der Israelitischen Kukltusgemeinde, Ariel Muzicant, den ehemaligen FPÖ-Obmann wegen übler Nachrede geklagt hatte. Der Versuch schlug fehl: Zunächst entschuldigte Anwalt Michael Rami Jörg Haider "aus außenpolitischen Gründen" - Haider bereist derzeit den Nahen Osten. Vollmacht versprochen Dann stellte sich auch noch heraus, dass eine so genannte Machthaber-Vollmacht fehlt, die es ermöglicht hätte, wenigstens Ariel Muzicant in Abwesenheit Haiders zeugenschaftlich einzuvernehmen. Ein Umstand, der den Richter sichtlich verärgerte: Ende der vergangenen Woche war bei ihm eine kurzfristige Bitte um eine Vertagung eingegangen. Als Forsthuber auf den Verhandlungstermin bestand, sicherte Muzicant sein Erscheinen zu. Und aus der Kanzlei Gheneff-Fürst, die Haider rechtsfreundlich vertritt, sei ihm versprochen werden, man werde in jedem Fall eine Machthaber-Vollmacht vorlegen, legte Forsthuber jetzt dar. Nach Haiders diesjähriger Aschermittwoch-Rede in Ried hatte Muzicant "insgesamt 15 bis 20 Klagen" - so sein Anwalt Gabriel Lansky - gegen den Landeshauptmann eingebracht. "Ich verstehe überhaupt nicht, wie einer, der Ariel heißt, so viel Dreck am Stecken haben kann", hatte Haider in seiner Rede fest gestellt. Neben dem "Original" habe man darauf folgende und in verschiedenen Medien transportierte "Mutationen" eingeklagt, wobei "nur die härtesten Angriffe" heraus gegriffen wurden, sagte Lansky. "Eine ehrenrührige Aussage" Darunter fällt auch die Aussage, die am Montag Vormittag erörtert hätte werden sollen. In Bezug auf Muzicant hatte Haider auf einer Wahlveranstaltung der Wiener FPÖ gesagt: "Aber wenn jemand, der im Verbund mit der Wiener Stadtregierung auf Grund seiner guten Kontakte dort hin als Immobilienmakler und -spekulant hier in Schutzgebieten Sanierungen durchführt, wo kein anderer eine Bewilligung bekommt, dann ist das etwas, was nicht in Ordnung ist. Und daher ist der Name Ariel nicht in Ordnung, denn der ist mit Sauberkeit verbunden." "Eine ehrenrührige Aussage", so Lansky. Sie komme einer "nicht unerheblichen Geschäftsstörung" gleich, da in der Branche seines Mandanten "ein Ruf, sich nichts zu Schulden kommen habe lassen, essenziell ist". Richter Friedrich Forsthuber verlegte schließlich den Verhandlungstermin auf den 11. Jänner 2001. Am Montagnachmittag hätte sich in seine Kollegin Nathalie Frohner in dieser Sache mit Haiders Originalzitat in Ried befassen sollen. Mangels des Beklagten und einer entsprechenden Vollmacht wird sie vor dem selben Problem stehen wie Forsthuber wenige Stunden zuvor. Richterin will Buchungsbestätigung Richterin Nathalie Frohner reagierte ebenfalls ungehalten auf das Fernbleiben von Jörg Haider. Immerhin war dies bereits ihr vierter Versuch, den Kärntner Landeshauptmann und den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, zu der inkriminierten Haider-Aussage zu vernehmen. Der Hinweis auf den Auslandsaufenthalt des ehemaligen FPÖ-Obmanns stellte Frohner nicht zufrieden - sie will jetzt überprüfen lassen, ob es sich dabei um einen "tauglichen Entschuldigungsgrund" handelt. Am 5. Oktober sei mit den Streitparteien der heutige Termin vereinbart worden. Haider habe Mitte Oktober die Ladung übernommen. "Wie lange weiß er das denn schon, dass er diese Woche im Ausland ist?" fragte die Richterin daher dessen Rechtsbeistand Michael Rami, der die Antwort schuldig blieb. Darauf erteilte sie ihm den Auftrag, Haiders Buchungsbestätigung vorzulegen. "Sollte sich daraus kein tauglicher Entschuldigungsgrund ergeben, wird es Maßnahmen im Rahmen der StPO geben", drohte Frohner. (APA)