Warum, fragt K., soll der "Augustin" eine Zeitung sein, die man zwar kaufen, aber nicht lesen kann? Prompt fallen sie über einen her. Die Guten. Die Braven. Die mit dem Herzen am richtigen Fleck: Man muss gar nicht westenthalern, um zu wissen, welche Provokationen funktionieren. Die mit dem Augustin zum Beispiel. Die klappt immer: Der kleine Nebensatz, lieber K., war nur der Versuch eines Beweises. Weil A. nicht glauben wollte, dass man ganz spezifische Reflexe so leicht auslösen kann. Nicht, dass ich nicht dazu stünde dass man den Augustin zwar kaufen, aber nicht lesen kann. Aber lieber drücke ich den Straßenhändlern einen Zwanziger - einen Achtundzwanziger - einfach so in die Hand: Andere Zeitschriften, die ich nicht lesenswert finde, kaufe ich auch nicht. Ich nehme sie auch nicht, wenn sie gratis in U-Bahn-Stationen herumliegen. Bloß werde ich dafür nicht auf offener Straße, in Lokalen und elektronischen Briefkästen gerügt, gerüffelt und angepöbelt. Weil es halt nicht gegen diverse Tabus verstößt, den U-Bahn-Express, die Krone oder - meinetwegen - den Pflanzenschutzboten von Hinterstinkenbrunn nicht zu wollen. Ich habe es oft versucht - und im Augustin nie eine einzige Geschichte gefunden, die ich gerne, mit Interesse oder gar Freude gelesen hätte. Außerdem nervt mich der Augustin-Vertriebsterror. Dafür, den Blindenhundmissionaren von umweltschützend-drogenpräventiv aktiven Tierschutzdrückerkolonnen weder Geld noch Daueraufträge in den Rachen zu werfen, hat mich noch nie jemand gescholten. Dafür, einem offensichtlich betrunkenen, übelriechenden, anlassigen Mann, der sich beim Frühstück am Naschmarkt, beim Abendessen in irgendeinem Lokal oder sonstwo ungefragt dazusetzt, übers Essen beugt, nach Zigaretten greift oder einfach den Weg blockiert, weil man doch schließlich in einer gewissen Szenerie und natürlich bei ihm den Augustin ("den Uhudler nimmst jetzt a no!") zu kaufen habe, soll ich Verständnis haben? Soll ich mich tatsächlich bei einem Straßenhändler dafür rechtfertigen müssen, eine Zeitung nicht zu kaufen? Nicht einmal das Argument "den hab ich schon" gilt: Der karitative Zweck heiligt das Verkaufsmittel - und ein Zweit-, Dritt- und Viert- Augustin hat doch in jedem Haushalt Platz. Fragen Sie ihren Augustin-Händler. Gerne sähe ich die Reaktion des klassisch, guten Augustinkäufers, wenn der Krokuwaz-Kolporteur (der für sein Produkt ein bissi weniger kriegt als der Boulevardblattverschleisser) auch nur annähernd die selbe Penetranz im Verkaufen an den Tag legte. Aber ich bin schon ruhig. Ich weiß: Das ist was ganz ganz anderes. NACHLESE --> Der Euro ist deppert --> Sitz- und andere Kulturleiden --> Zu viel gescheit --> Gasmasken --> Vom Frühstück --> “Der hygienische Handschuh” --> “Tanzverbot” --> “Tolle Bilder” --> Die Erbin der Torte --> Gasometer --> Stirb, Sofie --> Von Svihalek träumen --> A.'s erste Bürgerinitiative --> Nepals schlafende Hunde --> Weitere Stadtgeschichten...