Paris - In den sechs Castor-Behältern, die aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague ins Zwischenlager Gorleben gebracht werden, befindet sich hochradioaktiver Atommüll. Es handelt sich um so genannte Spaltprodukte, die beim Aufarbeiten abgebrannter Brennelemente auf der Halbinsel Cotentin in der Normandie abgetrennt und mit Glas verschmolzen wurden. La Hague ist mit einer Kapazität von jährlich etwa 1.600 Tonnen abgebrannter Brennelemente - das ist die jährliche Entlademenge von 90 bis 100 Reaktoren - die weltgrößte Wiederaufarbeitungsanlage. 97 Prozent des angelieferten Atommaterials können recycelt werden: 96 Prozent Uran und ein Prozent hochgiftiges Plutonium, das zusammen mit Uran zur Herstellung von Mischoxid-Brennelementen (MOX) benutzt wird. Dies geschieht in zwei anderen Werken in Frankreich sowie in Belgien. Abklingen im Wasserbecken Nach der Anlieferung klingen die hochstrahlenden Brennelemente in La Hague zunächst mindestens zwei Jahre weiter in einem Wasserbecken ab. Dann erst beginnt die Wiederaufbereitung in den automatisierten und fernbedienten Anlagen UP2 und UP3: Eine Bündelschere zerschneidet die Brennelemente in etwa 3,5 Zentimeter große Stücke, die in heißer, konzentrierter Salpetersäure gelöst werden. Diese wird mit einer öligen Flüssigkeit gemischt. Nach einiger Zeit trennen sich die Säure und das organische Lösungsmittel wieder - in der einen bleiben die Spaltprodukte zurück, im anderen Uran und Plutonium. Das Uran wird gereinigt, als flüssiges Nitrat aufkonzentriert und in andere Cogema-Anlagen transportiert, wo es für eine erneute Verwendung in Brennelementen weiter behandelt werden kann. Das Plutoniumoxidpulver ersetzt in den MOX-Brennelementen, die neben den herkömmlichen Uran-Brennelementen in Leichtwasserreaktoren eingesetzt werden, das spaltbare Uran 235. Ein Gramm Plutonium 239 enthält ebenso viel Energie wie ein bis zwei Tonnen Erdöl. Glasgranulat Die Spaltprodukte entstehen bei der Stromerzeugung im Kraftwerk durch die Umwandlung von Uran in zahlreiche Elemente, die nach dem Zufallsprinzip auftreten. Für die Radioaktivität ist vor allem Cäsium verantwortlich. Diese Spaltprodukte werden zunächst in der Säurelösung in großen Tanks gelagert und später zu Pulver eingedampft. Dieses wird mit einem Glasgranulat in einem Ofen bei 1.100 Grad verschmolzen und in Edelstahlkokillen abgefüllt. Jede der 134 Zentimeter hohen und 43 Zentimeter breiten Kokillen enthält etwa 400 Kilo dieser Glasmasse. In einem Zwischenlager kühlen sie jahrelang ab, bis sie transportfähig sind. 28 dieser Kokillen passen in einen Castor vom Typ HAW 20/28, dessen Kühlrippen noch etwa so warm sind wie ein Heizkörper. Da in La Hague auch Brennelemente für französische, belgische und japanische Kunden aufgearbeitet werden, ist eine genaue Zuordnung der Herkunft des Spaltmaterials nicht möglich. Die deutsche Atomindustrie hat sich zur Rücknahme einer Atommüllmenge verpflichtet, die den angelieferten Brennelementen entspricht. (APA/AP)