Salzburg/Wien - In Zeitreisen durch die Urgeschichte schrauben sich die Gesteinssonden der Salinen Austria AG. Aus rund 600 Meter Tiefe fördern sie Material zutage, das vor 195 bis 250 Millionen Jahren an der Oberfläche lag und die komprimierte Substanz des einstigen Zechsteinmeeres birgt. Der Mikrobiologin Helga Stan-Lotter von der Universität Salzburg ist es nun gelungen, aus den Salzsedimenten lebendige Bakterien zu isolieren, obwohl das einst wimmelnde Leben des europäischen Urmeers nach gängiger Meinung längst erloschen sein müsste. Schon seit den 60er-Jahren mehren sich die Hinweise, dass primitives Leben selbst unter so extremen (tektonischen) Bedingungen fortbestehen kann. Demnach verabschieden sich bestimmte Bakterien angesichts einer feindlichen Umwelt in einen Zustand "suspendierter Animation", um nötigenfalls Jahrmillionen zu überdauern. Während aber die bisherigen Fundmeldungen von den meisten Mikrobiologen als "Kontamination mit modernen Bakterien" abgetan wurden, scheinen die Halobakterien (von halos, griechisch für Salz) aus dem Salzkammergut über jeden Zweifel erhaben. Leben aus dem All? Zudem brachten jüngste Bohrungen in Bad Ischl-Perneck und Altaussee "enorm variable Gene ans Tageslicht", so Lotter. "Das bedeutet, dass die bakterielle Artenvielfalt im Steinsalz weitaus größer ist als vermutet." Die "unsterblichen" Urbakterien versprechen langfristig atemberaubende Perspektiven - bis hin zu höherer Wahrscheinlichkeit, dass extraterrestrisches Leben in Asteroiden- oder Kometenmaterial sogar eine harte interplanetarische Reise überstehen könnte. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10./11. 11. 2001)