Doha/Wien - Bei der WTO-Ministerkonferenz in Doha, Katar, hat sich am Freitag, dem ersten von fünf Konferenztagen, eine Mehrheit für eine neue Verhandlungsrunde abgezeichnet. Denn auch die Entwicklungsländer, die bei der gescheiterten Konferenz in Seattle 1999 noch gezögert hatten, glauben, dass ein Abbau von Handelsschranken in Zeiten von Terror, Krieg und drohender Rezession die richtige Strategie ist. "Wir brauchen die neue Runde - diese Konferenz darf nicht scheitern", lautete der Tenor überall auf den Gängen des Konferenzzentrums in Doha. "Natürlich kann es auch diesmal schief gehen, doch die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering", meinte ein Mitglied der EU-Delegation. In der WTO gilt das Prinzip der Einstimmigkeit. Daher müssten alle 142 Mitgliedsstaaten einer neuen Welthandels-Liberalisierungsrunde zustimmen, was keinesfalls sicher ist. Die Frage ist jetzt offenbar, wer welche Zugeständnisse machen wird. Die EU hat versprochen, sie werde auch beim heikelsten aller Themen, den Agrarsubventionen mit sich reden lassen. Der derzeit vorliegende Entwurf für die WTO-Ministererklärung, der einen "Abbau aller Arten von Exportsubventionen mit dem Ziel, diese völlig abzuschaffen", vorsieht, geht der EU allerdings zu weit. Die Entwicklungsländer haben unterschiedliche Ziele. Einige von ihnen sitzen bei den Agrarexporten mit den USA in einem Boot und wollen vor allem ihren Zugang zum EU-Markt verbessern. Für andere Länder ist das Thema Textil wichtiger. Doch hier hat es von der EU bereits Versuche gegeben, Entwicklungsländer durch bilaterale Vereinbarungen für eine neue WTO-Runde zu gewinnen, so etwa mit Pakistan. Streitfall: Patentrecht Die Staaten des südlichen Afrikas dringen auf Ausnahmeregeln für günstigere, nicht patentgeschützte Medikamente gegen gefährliche Krankheiten. Denn die meisten ihrer Bürger können sich teure Antibiotika und vor allem solche gegen Aids nicht leisten. Die EU will versuchen, in diesem Punkt zwischen den afrikanischen Staaten und Indien auf der einen Seite und den USA, Japan und der Schweiz auf der anderen Seite zu vermitteln. Auf großen Widerstand stößt die EU bei den Entwicklungsländern dagegen noch mit dem Plan, das Thema Wettbewerb und Investitionen auf die Agenda für die nächste Verhandlungsrunde zu setzen. Die EU bietet hier den Entwicklungsländern an, erst später einem noch gar nicht ausverhandelten Vertrag beizutreten. (miba, dpa/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10./11. November 2001)