Günther Strobl

V olle Betten und übervolle Kassen scheint der heurige Winter der heimischen Tourismuswirtschaft zu bescheren. Die hat Rekordergebnisse auch dringend notwendig, steckt doch der überwiegende Teil der Branche bis zum Hals in Schulden. Die Seilbahnwirtschaft hat Milliarden investiert in neue Beschneiungsanlagen, um sich unabhängig zu machen vom Wettergott. Das investierte Geld will aber zurückverdient werden, und das möglichst rasch. So darf man sich nicht wundern, wenn in Zeiten wie diesen aus berufenem und weniger berufenem Munde Rekorde hinausposaunt werden. Klassisches Wunschdenken nennt man so etwas. Man muss nur laut und oft genug sagen, was man sich erhofft. Irgendwann werden alle glauben, dass es so ist. Auch wenn's nicht stimmt. Seriöserweise spekuliert werden kann über mögliche Rekorde in der beginnenden Wintersaison erst im Jänner. Dann nämlich wird sich auf Euro und Cent zeigen, wie gut Österreich im Tourismus tatsächlich ist. Die neue europäische Währung macht die hierzulande verlangten Preise von Pommes, Jagatee und Liftkarte dann direkt vergleichbar mit den Preisen, die anderswo in Europa dafür verlangt werden. Meist sind es ja die Nebenausgaben, wo Österreichs Tourismusbetriebe unverschämt teuer sind. Wenn der Nepp, der einem auf vielen Berghütten und Skitreffs im Tal die Freude am Winterurlaub verdirbt, nicht aufhört, wird es mit Rekordschreierei bald vorbei sein. Aber dann haben sich leider die schrecklichsten Prophezeiungen wirklich erfüllt, und die Hotels und Pensionen werden krachen wie die Kaisersemmeln. Und das kann auch von keiner künstlichen Schneedecke mehr zugedeckt werden. (DER STANDARD, Printausgabe 10.11.2001)