Moskau/Washington - Wenige Tage vor dem Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in den USA rückt Moskau offenbar von seinem entschiedenen Nein zu den amerikanischen Plänen für ein Raketenabwehrsystem im Weltall (NMD) ab. Der russische Präsident Wladimir Putin sagte dem US-Fernsehsender ABC, die Pläne verstießen nicht unbedingt gegen den ABM-Vertrag von 1972. Das Interview wurde am Mittwoch in den USA und am Donnerstag in Auszügen im russischen Fernsehen ausgestrahlt. Putin sagte, der ABM-Vertrag lasse unter bestimmten Voraussetzungen die Schaffung von Abwehrsystemen zu. "Er hat auch andere Bestimmungen, auf deren Grundlage wir uns einigen können", erklärte Putin weiter. Deshalb seien Experten sicher, dass es gelingen werde, im Rahmen des geltenden Vertrages Bedingungen zu formulieren, ohne den Geist des Abkommens zu verletzen. Die russische Regierung hat bisher erklärt, die US-Pläne für eine Raketenabwehr verstießen gegen den zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion ausgehandelten Vertrag über eine Beschränkung der Raketenabwehr (ABM). Auf der anderen Seite hat auch die Regierung von US-Präsident George W. Bush erklärt, sie wolle aus dem Vertrag aussteigen, weil er die Entwicklung des Raketenabwehrsystems behindere. Keine näheren Angaben Bushs Bush entschied unterdessen nach eigenen Angaben über die Möglichkeit einer Verringerung des amerikanischen Atomwaffenarsenals. Nähere Angaben machte er dazu voerst noch nicht, erklärte aber, er freue sich, mit Putin darüber zu sprechen. "Wir brauchen keine Rüstungskontrollvereinbarung, um uns dazu zu bringen, unsere Atomwaffen deutlich zu reduzieren, und ich werde das tun", sagte Bush. Russland hat maximal 2.000 atomare Sprengköpfe als neue Obergrenze für Langstreckenwaffen in jedem Land vorgeschlagen. Bisher liegt die Grenze bei 6.000 Stück. Beobachter glauben, dass Bush eine Verringerung auf 1.750 bis 2.250 Sprengköpfe in Erwägung zieht. Die USA würden Schritte zur Verringerung ihrer Angriffswaffen einleiten, die es zugleich ermöglichten, den Frieden zu bewahren, sagte Bush in einer Pressekonferenz mit dem britischen Premierminister Tony Blair. Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice schloss jedoch praktisch aus, dass bereits in der kommenden Woche eine Verständigung zwischen den USA und Russland zustande kommen wird. Man solle keine bestimmten Vereinbarungen zu bestimmten Zeiten erwarten, sagte sie. Die strategischen Erörterungen mit Russland würden auch nach dem vierten Gipfel zwischen Bush und Putin weitergehen. Die beiden Präsidenten treffen sich von Dienstag bis Donnerstag kommender Woche in Washington und auf der Ranch des US-Präsidenten in Crawford (Texas). Themen werden nach Angaben von Rice neben der neuen strategischen Ordnung der gemeinsame Kampf gegen den Terrorismus sowie Wirtschafts- und Handelsfragen sein. Putin wird am Montagabend in Washington eintreffen. (APA/AP/dpa)