London - Schafe können sich die Gesichter von bis zu 50 Artgenossen merken und sogar Menschen unterscheiden. Noch nach mehr als zwei Jahren erkennen die Tiere die Gesichter wieder, berichten britische Zoologen in "Nature". Dabei sind im Schafshirn vermutlich die gleichen Regionen aktiv wie bei entsprechenden Aufgaben auch im menschlichen Hirn. Keith Kendrick und seine Mitarbeiter vom Labor für kognitive Neurowissenschaft am Babraham Institute in Cambridge (Großbritannien) haben 20 Schafen die Bilder von 25 anderen Schafspaaren gezeigt. Dabei trainierten die Forscher die Tiere darauf, sich für jeweils einen der abgebildeten Artgenossen zu entscheiden. Nach mehr als 30 Versuchen lösten die Schafe diese Aufgabe in vier von fünf Fällen richtig. Mit den Jahren vergisst man seine Bekannten allmählich ... Spätere Versuche zeigten, dass die Tiere Artgenossen auch unterscheiden konnten, wenn sie ihnen in anderen Paarungen oder nicht wie vorher von vorne, sondern im Profil gezeigt wurden. Das Verhalten der Tiere zeigte auch, dass sie abwesende Herdengenossen auf Bildern wiedererkannten. Erst nach etwa zwei Jahren verblasste die Erinnerung, und die Tiere machten zunehmend Fehler bei der Wiedererkennung der Bilder. Aus den Gehirnströmen der Schafe schließen die Forscher, dass beim Erkennen eines Artgenossen im Gehirn die gleichen Neuronen aktiv werden wie beim Erkennen des Schäfers oder anderer bekannter Menschen. Die entsprechende Gruppe von Zellen liegt ähnlich wie bei Menschen und Affen getrennt von denen, die generell bei visuellen Reizen aktiv werden. Nach längerer Zeit verschiebt sich die Aktivität in eine andere, übergeordnete Hirnregion. Dies zeige, dass Schafe wie Menschen nach einiger Zeit individuelle Züge generalisieren: Ein Artgenosse wird nicht mehr sicher als Individuum erkannt, er erscheint den Tieren aber noch vertrauter als ein völlig fremdes Gesicht.(APA/dpa)