Wien - Weitaus pessimistischer als Mitte September sehen nun die Volkswirte der Bank Austria (BA) die Weltwirtschaftslage im kommenden Jahr. Die Weltwirtschaft wird 2002 so schwach sein wie zuletzt vor 20 Jahren, es gebe keine ausgleichenden Faktoren. Neben den USA trifft die schlechte Konjunktur auch Europa und Japan sowie die Emerging Markets. In Österreich wird für 2002 nur mehr ein Wachstum von 1,0 Prozent erwartet, in der Prognose vom 14. September waren es noch 1,7 Prozent gewesen. Im ersten Quartal droht sogar ein BIP-Rückgang. Heuer sieht die Bank Austria die Wirtschaft in Österreich noch um 1,4 Prozent wachsen. Die Daten hätten sich seit der September-Prognose dramatisch verschlechtert, das Ausmaß der Auswirkungen des 11. September sei kurz nach den Ereignissen noch unterschätzt worden, begründete BA-Chefvolkswirtin Marianne Kager am Mittwoch in einer Pressekonferenz die deutliche Prognoserevision. Rezession knapp vermeidbar Für Österreich rechnet die Bank Austria heuer zwar noch mit einem BIP-Anstieg von 1,4 Prozent. 2002 wird die Wirtschaft aber nur mehr um 1,0 Prozent wachsen. Eine Rezession könne aber knapp vermieden werden, so BA-Volkswirt Stefan Bruckbauer. Ein Minus im ersten Quartal sei wahrscheinlich, ein zweites negatives Quartal könne zwar nicht ausgeschlossen werden, die Prognose von 1,0 Prozent BIP-Wachstum sollte aber dennoch halten. Eine schwache Erholung könnte im zweiten oder dritten Quartal einsetzen. Österreich war seit 1954 drei Mal in einer Rezession (1981, 1982 und 1984). Der private Konsum in Österreich halte nach wie vor, Investitionen und Exportdynamik seien allerdings schwach. Schätzungen für die USA deutlich zurückgenommen Noch deutlicher zurückgenommen wurden die Schätzungen für die USA: Wurde im September für das Jahr 2002 noch ein Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 2,3 Prozent angenommen, so sind es jetzt nur mehr "maximal" 0,7 Prozent. Mit einer Erholung der US-Wirtschaft sei frühestens Ende des zweiten, Anfang des dritten Quartals 2002 zu rechnen, so Kager. Technisch werden die USA nach Ansicht der BA-Volkswirte in eine Rezession rutschen, da bereits im dritten Quartal 2001 das BIP im Quartalsvergleich gesunken ist und dies auch im vierten Quartal, möglicherweise auch im ersten Quartal 2002 der Fall sein werde. Anfang des Jahres 2001 war die BA noch von einem Wachstum der US-Wirtschaft von 2,5 Prozent im Jahr 2002 ausgegangen. "Die Welt hat sich innerhalb eines Jahres fundamental geändert", so Kager. Japanische Wirtschaft im Tief Die japanische Wirtschaft kommt nicht aus ihrem Tief. Die BA erwartet für 2002 einen Rückgang des BIP um 1,5 Prozent, im September war noch von einem leichten Plus von 0,5 Prozent ausgegangen worden. Die Auswirkungen auf Mittelosteuropa seien beschränkt, die Wachstumsprognose für die 5 mittelosteuropäischen Länder Ungarn, Polen, Tschechien, Slowakei und Slowenien wurde von 3,0 auf 2,3 Prozent zurückgenommen ist vor allem von der Abschwächung in Polen geprägt. In Deutschland wird für das kommende Jahr ein Wachstum von 0,8 Prozent prognostiziert, nach 1,9 Prozent im September. Die Chancen, dass Deutschland in eine Rezession abgleitet, werden auf 50:50 geschätzt. Bereits im zweiten Quartal dieses Jahres habe es ein leichtes BIP-Minus von 0,03 Prozent gegeben, es sei "durchaus wahrscheinlich", dass auch das dritte Quartal negativ ausfällt, so Kager. Automatische Stabilatoren wirken lassen In der Wirtschaftspolitik solle Europa zumindest die automatischen Stabilisatoren wirken lassen, empfehlen die BA-Volkswirte. Bei einem prognostizierten Wachstum von knapp unter 1 Prozent für Europa werde das durchschnittliche Defizit in Euroland nicht bei 0,3 Prozent des BIP, sondern bei rund 1,5 Prozent liegen. Den 0,3 Prozent Defizit sei eine Wachstumsprognose von 2,9 Prozent zugrunde gelegt, nun hätten sich die Annahmen geändert. Vernünftig sei, wie im Herbstgutachten der deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute vorgeschlagen, als Messzahl das strukturelle Defizit heranzuziehen. In den USA dagegen, wo ein Konjunkturprogramm im Ausmaß von rund 230 Mrd. Dollar (257 Mrd. Euro/3.532 Mrd. S) geplant sei, sei die Wirkung automatischer Stabilisatoren geringer als in Europa. Arbeitslosengeld etwa könne nur deutlich kürzer bezogen werden. (APA)