Salzburg - Buchwochen, ausgerichtet von Verlagen und Buchhandel, dienen, ökonomisch betrachtet, der Werbung für das Medium Buch, also dem Verkauf. Offiziell reichte ihr Interesse allerdings bisher weit über den Markt hinaus und galt weniger der schnöden Ware denn dem Kulturgut Buch. In sorgsam organisierten Autorenlesungen sorgte man dafür, neues, junges Publikum an die Literatur heranzuführen. So muss es befremden, wenn am morgigen Donnerstag die diesjährige Salzburger Buchwoche, in deren Rahmen etwa Ilse Aichinger, Gerhard Amanshauser oder Christine Nöstlinger in Salzburg lesen werden, durch Bertl Göttl eröffnet wird. Bertl Göttl ist ein dem internationalen Publikum bislang wenig vertrauter Name. Der ehemalige Salzburger Agrar-Landesrat verfasst Kolumnen auf den Brauchtumsseiten der Salzburger Nachrichten , ist Mitarbeiter und Teilhaber des Privatsenders Salzburg-TV, wo er als Moderator von Volksmusikveranstaltungen wie dem "Bischofshofener Amselsingen" lokale Bekanntheit erlangte. Auch seine Eröffnungsveranstaltung trägt den Titel "Volkskultur ist anders - der Salzburger Jahreskreis". Vorgeschlagen wurde Göttl von Verleger Jochen Jung, in dessen Verlag er das Buch über den Salzburger Jahreskreis publizierte. Das Entscheidungsgremium der Buchwoche stimmte ohne lange Prüfung von Alternativen zu, nachdem der ursprüngliche Plan - eine Lesung des Chilenen Antonio Skarmeta - gescheitert war. Protest gegen das irritierend populistische Signal der Buchwoche, die in den letzten Jahren mit Lesungen H. C. Artmanns, Josef Haslingers oder des Philosophen Villèm Flusser eröffnete, legte - vergeblich - Literaturhaus-Leiter Tomas Friedmann ein. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7. 11. 2001)