Mensch
Wiener Onkologe Ludwig neuer ESMO-Präsident
Seine Prognose: "Immer mehr Krebstherapien werden außerhalb der Spitäler stattfinden"
Wien - Förderung der wissenschaftlichen Forschung gegen Krebs, Intensivierung der Fort- und Weiterbildung von Ärzten und
Angehörigen der Pflegeberufe und die verstärkte Einbindung der Patienten über Selbsthilfegruppen und andere Organisationen. - Das sind die
Ziele des neuen Präsidenten der Europäischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie (ESMO), Univ.-Prof. Dr. Heinz Ludwig. Der Chef
der onkologischen Abteilung am Wiener Wilhelminenspital wurde vor einigen Tagen beim europäischen Onkologenkongress ECCO (21. bis
25. Oktober) in Lissabon für zwei Jahre in diese Funktion gewählt. Die ESMO
"Die Europäische Gesellschaft für Medizinische Onkologie wurde 1975 gegründet. Ganz wichtig erscheint mir, dass es zu einem Ausgleich im
Wissensstand über die Prävention, Diagnose, Therapie und Nachsorge bei Krebs kommt. Oft verursachen nicht die verschiedenen Strukturen
im Gesundheitswesen die Unterschiede in der Betreuung der Betroffenen, sondern die mangelnde Verfügbarkeit vorhandenen Wissens. Das
ist doch wirklich inakzeptabel", erklärte Ludwig.
Neben Wissenschaft und optimaler Patientenbetreuung durch Ärzte und Angehörige des Pflegepersonals kommt es aber immer stärker darauf
an, die Betroffenen und ihre Angehörigen einzubinden. Sie fordern das auch zunehmend ein. Der neue ESMO-Präsident: "Wir führen an
meiner Abteilung schon seit einigen Jahren Patientenseminare durch. Das sollte überall etabliert werden."
Warnung vor Zwei-Klassen-System
Eine weitere Herausforderung in der Onkologie - oft in harten Diskussionen mit den Finanziers des Gesundheitswesens - sind ständig neue
Therapien und Medikamente. Ludwig: "Oft wirken diese Arzneimittel und Therapien etwas besser als die bisherigen, verursachen aber die
mehrfachen Kosten. Hier müssen wir verhindern, dass es zu einem Zwei-Klassen-System kommt. Unser soziales Gesundheitswesen sollte
nicht in Gefahr kommen." Hier müssten aktiv Lösungsmöglichkeiten gesucht werden, um schwerste Probleme zu vermeiden.
Ein weiterer Zukunftsaspekt: Viele Therapien bei onkologischen Erkrankungen dürften in Zukunft vermehrt außerhalb von Spitälern möglich
werden. Auch dafür sollte Vorsorge getroffen werden. Der Wiener Onkologe: "Vielleicht gibt es in 20 Jahren das 'große Krankenhaus' nicht
mehr. Immer mehr Krebserkrankungen können jedenfalls bereits ambulant behandelt werden." Dieser Trend dürfte sich nur noch weiter
verstärken. (APA)