Paris - UNO-Generalsekretär Kofi Annan hat für die Zeit nach einer Entmachtung der Taliban ein UNO-Protektorat in Afghanistan ausgeschlossen. "Es kommt nicht in Frage, aus Afghanistan ein UNO-Protektorat zu machen", sagte Annan der Pariser Tageszeitung "Le Figaro" vom Montag. Bisher gebe es "keine Antwort" auf die Frage, was nach dem Ende der US-Angriffe geschehen sollte. Drei Möglichkeiten würden erwogen: eine UNO-Blauhelmmission, ein multinationaler Militäreinsatz oder eine rein afghanische Lösung. Der UNO-Generalsekretär gab indirekt einem Zusammenwirken der afghanischen Kräfte den Vorzug, weil dies "der beste Garant für die Stabilität des Landes" sein könnte. Annan: "Hilfslieferungen sind noch unzureichend" Die Hilfslieferungen der Vereinten Nationen für die afghanischen Flüchtlinge sind nach Annans Worten noch unzureichend. Die UNO wolle pro Monat 50.000 bis 60.000 Tonnen Lebensmittel liefern, derzeit gelange davon aber nur die Hälfte ans Ziel. Die Lieferungen würden "durch den Luftkrieg behindert". Er hoffe, dass sie bald verbessert werden könnten. Dafür habe die UNO mit den Nachbarstaaten Afghanistans, vor allem mit Usbekistan, Vereinbarungen zur Einrichtung von Zwischenlagern getroffen, die derzeit aufgebaut würden. UNO bietet "technische Hilfe" an Die Vereinten Nationen seien bereit zu "technischer Hilfe", um die Verwaltung Afghanistans zu unterstützen, sagte der UNO-Generalsekretär. Noch vor Ende des Jahres erwarte er die Entscheidung der Mitgliedstaaten über seine Vorschläge für eine Reform der UNO-Friedensmissionen. Das werde auch für Afghanistan die Möglichkeit eröffnen, einen "effizienteren" Einsatz zu planen. Keinesfalls sollten aber afghanische Behörden durch die UNO ersetzt werden, betonte Annan. Die Zusammensetzung einer künftigen Regierung nach einem Sturz der Taliban-Miliz hänge "einzig von der Entscheidung der Afghanen" ab. Die Geschichte zeige, dass jeder auswärtige Versuch zur Kontrolle Afghanistans gescheitert sei. Annan: "Bin Laden beleidigt die Dritte Welt" Annan bekräftigte, die UNO stehe im Kampf gegen den internationalen Terrorismus "in der ersten Reihe". Regierungen, die sich nicht an die Terrorismus-Resolutionen des UNO-Sicherheitsrates hielten, müssten mit internationalen Sanktionen rechnen. Dabei wies Annan die Kritik des mutmaßlichen Terroristenführers Osama bin Laden an den Vereinten Nationen zurück. Wenn Bin Laden behaupte, die Demokratie und die Menschenrechte seien Erfindungen der westlichen Staaten, so sei dies "eine Beleidigung für die Völker der Dritten Welt". Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte sei von Persönlichkeiten aus allen Weltregionen verfasst worden. "Jede Gesellschaft kann sich mit dieser Erklärung identifizieren." (APA)