Wien - Der Bericht im STANDARD vom 20. Oktober über eine geplante Verordnung des Bundeskanzleramts, nach der rückwirkend mit Oktober 1955 unzählige Akten skartiert (= vernichtet) werden müssten, die nicht in einem Katalog "archivwürdigen Schriftguts" aufgezählt werden, schlug bei Archivaren und Zeithistorikern wie eine Bombe ein: Am Ballhausplatz ging "eine Flut von mindestens 100 Stellungnahmen" ein, wie Ministerialrat Alois Schittengruber bestätigt, der diese "Bundesarchivgutverordnung" ausgearbeitet hatte. Der Tenor: ablehnend. Des Weiteren wurde am 29. österreichischen Archivtag eine Resolution verabschiedet, die vor einer Umsetzung warnt: Sie hätte "schwerwiegende Konsequenzen für das archivalische Erbe unseres Landes, das hier wegen erhoffter finanzieller Einsparungen aufs Spiel gesetzt wird". Das Kanzleramt lenkte daraufhin ein: Von einer Vernichtung der Akten, die sich bereits im Staatsarchiv befinden, nimmt man nun Abstand. Die Arbeit der Historikerkommission und der Provenienzforscher (z. B. des Bundesdenkmalamts) wird daher nicht eingeschränkt. Zudem soll in Zusammenarbeit mit dem Staatsarchiv ein neue, umfassendere Liste der Materialien erstellt werden, die in jedem Fall aufbewahrt werden müssen. Diese soll durch eine zweite ergänzt werden, die jenes Schriftgut taxiert, das nicht zu archivieren ist. In allen anderen Fällen entscheiden die Archivare nach Prüfung der Akten. Auch der Plan, die Verordnung mit 1. Jänner zu erlassen, wurde fallen gelassen: "Wir wollen nichts vom Zaun brechen", so Schittengruber kompromissbereit: "Wir haben keinen Zeitdruck." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3./4. 11. 2001)