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foto: reuters/lefevre
Belfast - Der alte Spieler hat sich verkalkuliert: Noch im vergangenen Jahr hatte David Trimble mit seiner Strategie Erfolg, seine protestantische Ulster Unionist Party (UUP) durch Rücktrittsdrohungen hinter sich und seinem Friedenskurs zu vereinen. Doch dieses Mal lief seine Taktik ins Leere. Zwar brachte der Rücktritt des 56-Jährigen vom Amt des Ersten Ministers am 1. Juli die katholische Untergrundorganisation Irisch Republikanische Armee (IRA) letztlich dazu, endlich mit ihrer Entwaffnung zu beginnen. Doch als er am Freitag schließlich wieder ins Amt gewählt werden sollte, versagte ihm die eigene Partei die Gefolgschaft. Nach jahrelangem Einsatz für den Friedensprozess steht der Friedensnobelpreisträger Trimble nun vor einem Scherbenhaufen. Trimble brachte im Parlament nicht die notwendige Mehrheit zusammen, weil zwei UUP-Abgeordnete gemeinsam mit der radikalprotestantischen Democratic Unionist Party (DUP) gegen den UUP-Chef stimmten. In den Augen der Hardliner in seiner Partei zeigte sich Trimble zu nachgiebig gegenüber der IRA. Sie befürchten, dass die Ankündigung vom Beginn der IRA-Entwaffnung letztlich nicht mehr als heiße Luft ist. Niemand habe die unschädlich gemachten Waffen gesehen, argumentieren sie, niemand wisse, wo und wann die angebliche Entwaffnung tatsächlich stattfinde. Sie habe "große Zweifel" am Schritt der IRA "und der Richtung, in die der Friedensprozess läuft", erklärte eine der Abweichlerinnen in der UUP, Pauline Armitage. "Ich habe kein Problem mit Herrn Trimble persönlich, aber ich kann seinen Kurs nicht unterstützen." Der Protestantenführer hielt Armitage und ihrem Mitstreiter Peter Weir nach dem umstrittenen Votum am Freitag entgegen, sie hätten "ehrlos gehandelt". Klein beigeben will er nicht. "Niemand sollte die heutige Entscheidung als einen Schlusspunkt werten", warnt er. Der Friedensprozess sei "bemerkenswert robust". Trimble gilt als ausgeglichener Vermittler zwischen den nordirischen Konfliktparteien, die er in einer katholisch-protestantischen Provinzregierung an einen Tisch holte. Seine Hartnäckigkeit im Kampf für den Frieden brachte ihm im Dezember 1998 den Friedensnobelpreis ein - zusammen mit dem gemäßigten Katholiken John Hume. Seine politische Karriere begann Trimble aber als Hardliner: Mit 29 Jahren trat er den radikalen Vanguard-Unionisten bei. Als der Jura-Professor und vierfache Vater 1995 UUP-Chef wurde, sahen viele in ihm denn auch den Totengräber einer vorsichtigen Annäherung zwischen Katholiken und Protestanten. Die IRA-nahe Sinn-Fein-Partei war für ihn zunächst eine "Terroristenbande". Alle Gespräche oder gar Verhandlungen lehnte er ab. Doch schon einen Monat nach seiner Wahl zum Parteichef fuhr Trimble nach Dublin und verhandelte dort mit der irischen Regierung. Im selben Jahr reiste er in die USA, um dem geschickten Lobbying der irischen Nationalisten etwas entgegenzusetzen. Im September 1997 stand er an der Spitze der UUP-Delegation, die Friedensgespräche mit der Sinn Fein aufnahm - auch wenn er sich zunächst weigerte, direkt mit den Vertretern des politischen Arms der IRA zu sprechen. Nach dem historischen Friedensschluss im April 1998, der rund drei Jahrzehnte Blutvergießen beenden sollte, kämpfte der Jurist dafür, dass das Abkommen auch umgesetzt wurde. So auch im November 1999, als Trimble wieder einmal alles auf eine Karte setzte: Er machte sich für einen Kompromissvorschlag stark, demzufolge die IRA zeitgleich mit der Regierungsbildung einen Beauftragten für die Entwaffnung benennen wollte. Die UUP stimmte schließlich dafür und machte damit den Weg für die Regierungsbildung frei. (APA)